Wo waren Sie, als der Euro eingeführt wurde? (Zur Erinnerung: Endverbraucher konnten ab dem 1. Januar 2002 an die neuen Scheinchen kommen.) Daran werden sich noch viele zurückerinnern. Wer hat damals nicht auch die Geschichten über diejenigen gehört, die Angst davor bekamen ihre gehorteten D-Mark Reserven nicht mehr pünktlich umtauschen zu können. Die Angst war unbegründet: Eintauschen kann man D-Mark noch heute bei der Bundesbank (Link).
Würde man heute eine neue Währung einführen wollen, dann müsste man in Deutschland über 839 Milliarden Euro Bargeld umtauschen. So viel horten die Bundesbürger zuhause. Das macht knapp 11.000 Euro pro Person – wobei natürlich vieles auch in Banken, Geschäften und an anderen Orten lagert. Dennoch könnten sich bald einige Menschen dieselbe Frage stellen wie vor 20 Jahren: Kann ich mit meinem Geld bald noch etwas anfangen?
Schuld ist nicht nur die Inflation. Auslöser könnte auch die aktuelle Diskussion um eine Bargeldobergrenze sein, die in Deutschland und auf EU-Ebene geführt wird.
Befürworter einer Obergrenze meinen, diese würde Geldwäsche und andere Finanzdelikte im großen Stil verhindern. Denn heute kann man in Deutschland, anders als in vielen anderen europäischen Ländern, fast jeden Betrag noch in Bar bezahlen. Und anders als bei Buchgeld, das auf Bankkonten lagert, lässt sich bei Bargeld dessen Herkunft nicht immer so einfach nachvollziehen.
Ob mit oder ohne Bargeldobergrenze: Geldwäscher werden weiterhin Mittel und Wege finden. Um diese verlässlich aufzudecken bedarf es vor allem einer guten Geldwäscheprävention.
Laut einer repräsentativen Studie (Quelle) der Deutsche Bundesbank lag der Anteil der Barzahlungen in Deutschland 2020 bei 60% im Vergleich zu 74% im Jahr 2017. Deutschlands Bargeld Affinität nimmt ab.
Trotz der hohen Anzahl von Bargeldtransaktionen liegt der Anteil der Werte jedoch bei "nur" 32% der Gesamtzahlungen. Höhere Beträge werden eher per Überweisung/Lastschrift, Kreditkarte oder Internetbezahlverfahren bezahlt.
Laut Studie fällt der Anteil von Barzahlungen ab einem Wert von 500€ auf 36%. Zum Vergleich: bis zu einem Wert von 5€ liegt der Anteil bei rund 89%.
Die Financial Action Task Force (FATF) sah zuletzt ein erhöhtes Risiko für Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung in Deutschland. Denn die fehlenden Bargeldobergrenzen machen es einfach, hochwertige Güter mit illegalen Geldern einzukaufen. Durch fehlende Kontrollen könnten z.B. auch im Ausland erworbene illegale Gelder per Postweg nach Deutschland gelangen und investiert werden. (Quelle)
Die EU-Kommission spricht sich ebenfalls für eine europaweite Bargeldobergrenze von 10.000€ aus. Diese solle möglichst bald umgesetzt werden. Aktuell sperrt sich jedoch insbesondere Deutschland dagegen. (Quelle)
Zuletzt äußerte sich Bundesinnenministerin Nancy Faeser zu einer Bargeldobergrenze von 10.000€. Sie befürwortet diese und will insbesondere kriminelle Strukturen hierdurch schwächen. Die CDU/CSU sowie die FDP lehnen eine Bargeldobergrenze jedoch ab. (Quelle)
Gegner:innen beziehen sich häufig auch auf die Summe des sich im Umlauf befindenden Bargelds, dessen Nutzen bei der Einführung einer Obergrenze stark eingeschränkt wäre:
Laut t-online waren Ende Mai 2021 rund 839 Milliarden Euro Bargeld im Umlauf. Im Jahr 2020 waren es noch 52 Milliarden Euro weniger. (Quelle)
Christian Tsambikakis
Geschäftsführer