Mit Unterstützung des Bundesverbands der Geldwäschebeauftragten e.V. und Kerberos Compliance hielt der Behördenspiegel im September die erste Geldwäscheregulierungstagung in Berlin ab. Eingeladen war die Politik, Aufsichten, Verpflichtete aber auch externe Compliance-Dienstleister. Wir haben im Anschluss mit Kevin Rieger, Senior Associate bei der Bernsteingruppe und Moderator des Tages, über die Veranstaltung gesprochen.
Hallo Kevin, als studierter Politikwissenschaftler hast du viel Erfahrung in politischen Institutionen und in der politischen Beratung sammeln können. Wie grenzt sich das Thema Geldwäscheregulierung für dich von anderen Politikbereichen ab?
Geldwäscheprävention ist ein perfektes Beispiel für das politische Mehrebenensystem. Zentrale Rechtsakte werden auf der europäischen Ebene erarbeitet – und aktuell im Rahmen einer Grundsatzreform stark überarbeitet und ergänzt. Das ist aber keine Einbahnstraße: Die Mitgliedstaaten setzen nicht nur die Anti-Geldwäscherichtlinie um, sondern bringen sich auch in die Weiterentwicklung des gesamten Rechtsrahmens ein. Besonders interessant finde ich dabei die Zusammenarbeit zwischen der Bundesebene und den Bundesländern sowie den Kommunen. Gerade im Nichtfinanzsektor findet die Aufsicht nicht auf der Bundesebene statt. Entsprechend gibt es zahlreiche unterschiedliche Herangehensweisen an die Umsetzung der Regulierung. Kurz: Es gibt viel Raum für das Schaffen von „best practices“, welche wiederum die anderen politischen Ebenen unterstützen können.
Auf der Tagung waren Compliance-Expert:innen aus der Praxis, ein Mitglied des Bundestags, Vertreter:innen von Aufsichts- und Vollzugsbehörden sowie ein Verpflichteter aus der Immobilienbranche vertreten. Also Verfasser, Umsetzer und Betroffene des Geldwäschegesetzes. Wie hast du den Austausch erlebt? Was stach heraus?
Sehr lösungsorientiert. Bei allen Diskutierenden herrschte großes Interesse an den Punkten, „wo der Schuh drückt“. Alle Teilnehmenden haben sowohl ihre Expertise eingebracht als auch neue Ansätze für Ihre Arbeit mitgenommen. Ich denke, wir haben ein gutes Forum für den so wichtigen Erfahrungsaustausch geschaffen.
Dr. Jens Zimmermann, MdB für die SPD, hat als Berichterstatter für Geldwäscheprävention seiner Fraktion ebenfalls an der Tagung teilgenommen und einen Impulsvortrag gehalten. Wie blickt die Politik auf die Geldwäscheregulierung?
Mit dem Anspruch, aus strukturellen Unklarheiten der Vergangenheit gelernt zu haben. Dr. Jens Zimmermann hat auch die politischen Ableitungen aus dem Fall Wirecard vorgestellt. Eine Situation, wo sich die Aufsichtsbehörden untereinander uneins sind, wer für den Verpflichteten zuständig ist, soll sich nicht wiederholen. Hier wird das von Finanzminister Christian Lindner vorgestellte Eckpunktepapier eine wichtige Rolle spielen. Die Neustrukturierung der Aufsicht im Nichtfinanzsektor wird ein großes Projekt.
Ebenfalls interessant wird die Diskussion um die Obergrenze für Barzahlungen. Eine entsprechende Grenze gibt es bereits in vielen EU-Mitgliedstaaten. Aktuell ist sie auch im Rahmen des EU-Paketes vorgesehen – und wäre damit auch in Deutschland anwendbar. Bei allen Teilnehmenden herrschte jedoch Einigkeit, dass eine Obergrenze für Barzahlungen nur ein Teil der Lösung ist. Auch bei einer Zahlung, die einen Euro unter dem definierten Schwellenwert liegt, muss effektive Geldwäscheprävention greifen.
Man hört viel über Clan-Aktivitäten in Berlin. Da wurde der Bericht des Leiters der Geldwäscheaufsicht im Land Berlin mit Spannung erwartet. Was hast du von dem Vortrag mitgenommen?
Ein koordiniertes Vorgehen ist der Schlüssel zum Erfolg. Das „Berliner Modell“ zeichnet sich durch eine frühzeitige und strukturierte Einbindung weiterer Behörden aus. Dazu gehören insbesondere Finanzbehörden und Polizei. Gerade in Berlin ist zudem die Präsenz vor Ort wichtig. Neben schriftlichen Prüfungen ist es der tatsächliche Einsatz bei den Verpflichteten, der den Vollzugsdruck spürbar macht.
Auch Dienstleister wie Kerberos Compliance sind zu Wort gekommen. Maren Adam, Senior Manager Compliance bei Kerberos, referierte über die Herausforderungen im Nicht-Finanzsektor. Wie schätzt du die Rolle dieser „Mittler“ zwischen Politik und Aufsichtsbehörden auf der einen – und Verpflichteten auf der anderen Seite ein?
Bei richtiger Umsetzung gewinnen alle Beteiligten. Politik und Aufsichtsbehörden haben einen Ansprechpartner, der sich hauptberuflich mit Geldwäscheprävention befasst – und sehr diverse Verpflichtete sowie ihre individuellen Herausforderungen kennt. Das schafft eine exzellente Grundlage für die gemeinsame Suche nach Lösungen und für eine konstruktive Weiterentwicklung der Prozesse. Umgekehrt gewinnen Verpflichtete einen Erfahrungsschatz, der beim Erreichen voller Geldwäschecompliance sehr hilft.
Warum glaubst du, braucht es noch mehr Veranstaltungen dieser Art? Oder braucht es sie am Ende doch gar nicht?
Entscheidend ist die Offenheit, aus den Erfahrungen in anderen Sektoren oder Bundesländern zu lernen. Das schafft die Basis für die bestmöglich informierte Weiterentwicklung der regulatorischen Vorgaben. Bei einer guten Veranstaltung kehren alle Teilnehmenden mit dem gleichen Gefühl in ihren Arbeitsalltag zurück: „So hatte ich da noch gar nicht drüber nachgedacht“.
Es ging viel um zukünftige Entwicklungen, vor allem beim abschließenden Panel-Talk. Was hast du für die Zukunft mitgenommen? Wohin entwickelt sich Geldwäsche- oder insbesondere die Geldwäscheregulierung in Deutschland?
Aktuell befinden wir uns in der Vorbereitung mehrerer Grundsatzreformen: Das europäische Regelwerk wird angepasst, aber auch die nationale Aufsichts- und Behördenstruktur. Ein mehrmals vorgetragener Wunsch während der Veranstaltung war der Ruf nach möglichst einheitlichen Standards und Prüfvorgaben. Gleichwohl gibt es sektorspezifische Besonderheiten, die auch bei den anstehenden Anpassungen weiterhin berücksichtigt werden. Entscheidend ist, dass die Strukturen und Arbeitsabläufe dabei immer evaluiert werden: Was funktioniert bereits gut? Wo gibt es noch Verbesserungsbedarf? Diese Fragen werden auch künftig für Nachschärfungen sorgen, um Geldwäsche noch effizienter zu verhindern. Kurz: Nach der Regulierung ist vor der Regulierung.
Stefan Sartorius
Head of Marketing & Communications