01.06.2022

Erst gegen Oligarchen, dann gegen die Organisierte Kriminalität?

Das Sanktionsdurchsetzungsgesetz steigert die Befugnisse der Behörden. 

Trotz der Sanktionen gelingt es vielen Oligarchen und anderen Unternehmern ihr Geld in Sicherheit zu bringen und die Besitzverhältnisse durch Briefkastenfirmen zu verschleiern. Ein Recherchekollektiv aus ICIJ und WDR, NDR sowie der SZ hat ein Datenleck ausgewertet und ist dabei auf über 800 Personen russischer Herkunft gestoßen, die ihr Geld in Steueroasen geparkt und von dort teilweise in Deutschland investiert haben.

Wie schwer sich auch Deutschland mit der Durchsetzung der EU-Sanktionen tat, zeigen einige Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit. Das Haus am Tegernsee von Medienmilliardär Usmanow konnte wegen einer zwischengeschalteten Briefkastenfirma in der Steueroase Isle of Man nicht beschlagnahmt werden. Alexej Moradschow konnte seine Beteiligungen am TUI-Konzern über ein Firmenkonstrukt an seine Frau überschreiben. Auch die 500 Millionen Euro teure Jacht »Dilbar«, die immerhin den Namen von Alischer Usmanov’s Mutter trägt, konnte lange nicht beschlagnahmt werden, weil sie von einer Briefkastenfirma gehalten wurde.

Jetzt reicht es auch der sonst eher zögerlichen Bundesregierung. Es sei »einfach unerträglich«, dass es in Deutschland auf verschiedenen Wegen möglich sei, Vermögensverhältnisse zu verschleiern. Ein Plan für Immobilienregister, aus denen die hinter den Eigentümern stehenden wirtschaftlichen Begünstigten abzulesen sind, müsse daher bald umgesetzt werden, ebenso wie eine Obergrenze für Barzahlungen, erklärte Hans-Georg Engelke, Staatssekretär im Bundesministerium des Innern und für Heimat.

Deshalb hat das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf verabschiedet, der bei der Durchsetzung von Sanktionen helfen soll. Um Eigentumsverhältnisse aufzuklären, sollen die zuständigen Behörden u.a. Zeugen vernehmen und in Grundbücher Einsicht nehmen dürfen. Sanktionierte Menschen werden verpflichtet, ihr Eigentum anzuzeigen.

Außerdem wird es ein Register für Vermögen unklarer Herkunft geben. Im Einzelnen wurde folgendes beschlossen:

  • Die zuständigen Behörden sind dazu befugt, Zeugen vorzuladen und zu vernehmen, Beweismittel sicherzustellen, Wohnungen und Geschäftsräume zu durchsuchen sowie in Grundbücher und andere öffentliche Register Einsicht zu nehmen.
  • Sanktionierte Personen werden dazu verpflichtet werden, ihr Eigentum der Deutschen Bundesbank bzw. dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle unverzüglich anzuzeigen.
  • Gelder können bis zur Klärung der Eigentumsverhältnisse eingefroren werden, und Behörden zusätzliche Möglichkeiten erhalten, Daten aus dem Transparenzregister abzurufen, in dem die wirtschaftlich Berechtigten erfasst sind.

Mit dem Gesetz soll vor allem die Zusammenarbeit verschiedener Behörden gefördert und so endlich ein effektives Sanktionsregime eingeführt werden. Die im Rahmen der Sanktionsdurchsetzung kooperierenden Behörden sind im Einzelnen die Deutsche Bundesbank, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (FIU), das Zollkriminalamt (ZKA) und das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA).

Einige Experten gehen bereits davon aus, dass dieses Sanktionsdurchsetzungsgesetz nicht nur gegen sanktionierte Oligarchen eingesetzt wird, sondern später auch, nach italienischem Vorbild, im Kampf gegen die organisierte Kriminalität genutzt werden könne.

Auch auf europäischer Ebene wird an weiteren Verschärfungen gearbeitet. Staatssekretär Engelke erwähnte in diesem Zusammenhang eine europaweite Barzahlungsobergrenze, um Geldwäsche im Zusammenhang mit dem Kauf von Luxusgütern zu erschweren. Er erklärte zudem, dass das in den EU-Gremien derzeit verhandelte Legislativpaket zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung weitere wichtige Verbesserungen bringen werde.

Der Bürgerbewegung Finanzwende gehen diese Regeln indes nicht weit genug. Sie fordert zusätzlich ein umfassendes Immobilienregister und weitgehende Transparenzregeln für den Immobilienbesitz. Die Pressemitteilung des Bundesfinanzministeriums zum Sanktionsdurchsetzungsgesetz finden Sie hier.

Dieser Artikel erschien zuerst im "Money Laundering Reporting Officer" (MLRO) - unserem Newsletter für Geldwäsche-Compliance.
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Autor:in



Christian Tsambikakis
Geschäftsführer

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