07.04.2022

Geldwäschemethoden von Oligarchen

Wie rollt der Rubel an den Sanktionen vorbei?

Mehr als 800 Personen stehen mittlerweile auf den Sanktionslisten der EU und der Schweiz. Die Wirtschaftssanktionen des Westens sollen vor allem Putins Wirtschaftselite treffen. Welche Umgehungsmöglichkeiten gibt es für die kremlnahen Oligarchen?

Es mangelt an Transparenz
Vermögenswerte müssen exakt zuzuordnen sein, um diese einfrieren zu können. Ein Unterfangen, das in der ausgeprägten Strohmannkultur des russischen Oligarchentums zur Sisyphusarbeit wird: verworrene Firmenkonstruktionen, Kapitalgesellschaften in Steuerparadiesen, Anlagen in Immobilen oder Off-Shore-Konten. Eigentumsverhältnisse und Finanzströme zu rekonstruieren, gestaltet sich als überaus schwierig. Dabei sind derlei Schlupflöcher nicht neu, machen es aber umso schwerer, die Spuren zu den Eignern zu verfolgen. Die Bürgerbewegung Finanzwende fordert deshalb schon länger die Einführung eines lückenlosen Transparenzregisters und »die sofortige Einführung eines offenen, digitalen und europäisch verknüpften Immobilienregisters mit den wahren Eigentümern von Grundstücken und Immobilien«.

Zahlreiche Länder haben nun eigene Taskforces eingesetzt, um die Sanktionen durchzusetzen. Auch das deutsche Bundeskanzleramt leitet nun eine Taskforce, an der 14 Behörden beteiligt sind.

Mit Kryptowährungen die Sanktionen umgehen?
Seit Kriegsbeginn sind auch Kryptowährungen in der Berichterstattung allgegenwärtig. Mit Kryptowährungen verfügt Putins Elite über eine weitere Option, ihr Vermögen umzuleiten und internationale Sanktionen zu unterlaufen. Allein die Vermutung, dass russische Oligarchen nun verstärkt auf digitale Währung setzen, ließ den Bitcoin-Kurs rapide ansteigen.

Nicht erst seit Beschluss der Sanktionen gilt Moskau als Zentrum für Kryptogeldwäsche. Laut Chainalysis lässt sich das kriminelle Zentrum sogar auf ein konkretes Gebäude eingrenzen: den Federation Tower in Moskau. Von hier aus würden dutzende russische Unternehmen Gelder mit Hilfe von Kryptowährungen waschen.

Experten werfen russischen Behörden seit Längerem vor, auch bei Hinweisen auf die kriminelle Herkunft von Geldern völlig untätig zu bleiben. Wenn das Geld erst einmal bei diesen russischen Unternehmen ankomme, gebe es keine Möglichkeit, mit dortigen Behörden zusammenzuarbeiten und die Gelder zu beschlagnahmen, erklärt Michael Gronager von Chainalysis.

Allein von 2019 bis 2021 seien nachweislich 700 Millionen Dollar aus kriminellen Aktivitäten an die besagten Unternehmen in Moskau geflossen. Die Erlöse stammten hauptsächlich aus Betrugsmaschen und Darknet-Börsen, erklärt Gronager. Dass diese auf Kryptogeldwäsche spezialisierten Unternehmen nun sanktionierten Personen helfen ihre Vermögen via Kryptowährungen in Sicherheit zu bringen, erscheint zumindest naheliegend.

Gesetzgeber nehmen Kryptobranche verstärkt ins Visier
Um diese Möglichkeiten einzuschränken, legte die US-Senatorin Elisabeth Warren jüngst einen Gesetzesvorschlag, den sog. »Digital Asset Sanctions Compliance Enchancement Act of 2022«, vor. Das Gesetz würde es dem US-Finanzministerium gestatten, Transaktionen mit russischen Krypto- Wallets zu unterbinden. Darüber hinaus wäre US-Präsident Biden befugt, Maßnahmen gegen ausländische Krypto-Unternehmen einzuleiten, die Russland beim Umgehen der Sanktionen helfen. Die Vermögen dieser Unternehmen könnten dann eingefroren werden. Auch Geschäfte mit US-Amerikanern wären für sie dann untersagt.

Der Gesetzesvorschlag nimmt aber auch Offshore-Firmen ins Visier und geht damit so weit, wie es auch Geldwäscheexperten hierzulande fordern. Geschäfte mit Offshore-Firmen in einer Größe von über 10.000 US-Dollar müssten dann dem Financial Crimes Enforcement Network (FinCEN) gemeldet werden.

Inwieweit Russland aber langfristig mit dem Waschen entscheidender Summen über Kryptowährungen erfolgreich ist, darf bezweifelt werden. Grundsätzlich lässt sich nämlich über die Blockchain jede Transaktion nachverfolgen. Hier sind also Behörden und Handelsplattformen angehalten, genau hinzuschauen und belastbare Risikobewertungen vorzunehmen.

Michael Gronager fasst es folgendermaßen zusammen:
»In den vergangenen Jahren haben wir den Strafverfolgungsbehörden verschiedener Länder erfolgreich dabei geholfen, einige Fälle aufzuklären. Das zeigt: Wer Geld waschen will, sollte dafür keine Kryptowährungen benutzen. Wenn Du ein kleiner Fisch bist und Kryptowährungen über Grenzen transferierst, kommst Du vielleicht damit durch. Aber bei großen Summen erscheint das irgendwann auf dem Radar.«

Sind hingegen bereits virtuelle Vermögenswerte im Portfolio vorhanden, wird aktuell versucht diese in Fremdwährungen zu tauschen oder in Anlagen zu investieren. Allen voran in Immobilien in Dubai, wo derzeit zahlreiche russische Kryptobesitzer versuchen, ihre Wallets zu liquidieren. Die Vereinigten Arabischen Emirate beteiligen sich nicht an den Sanktionen gegen Russland und verfolgen eine eher laxe Kontrolle. Bleibt zu hoffen, dass die Zusammenarbeit zwischen Anbietern und Behörden in Zukunft noch digitaler und damit besser funktioniert und verdächtige Transaktionen auffallen, bevor das Geld in anonymen Kanälen verschwunden ist.

Dieser Artikel erschien zuerst im "Money Laundering Reporting Officer" (MLRO) - unserem Newsletter für Geldwäsche-Compliance.
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Autor:in



Christian Tsambikakis
Geschäftsführer

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