In einem Interview spricht Maren Adam, Senior Compliance Managerin bei Kerberos, über die Herausforderungen der Geldwäsche-Compliance im Immobiliensektor und über Trends im Bereich der digitalen Geldwäscheprävention für Immobilienmakler und den Nicht-Finanzsektor.
Maren Adam arbeitet als Senior Compliance Managerin bei Kerberos. Als studierte Kriminologin war Frau Adam mehrere Jahre unter anderem als Fachgebietsleiterin bei der Financial Intelligence Unit sowie einem Big 4-Unternehmen tätig.
Liebe Maren, der Immobiliensektor steht häufig in Verbindung mit Geldwäsche und der organisierten Kriminalität. Was macht den Immobilienbereich so anfällig für Geldwäscher?
Der Immobiliensektor ist seit jeher ein interessanter Bereich für Geldwäscheaktivitäten. Für Deutschland wurde zuletzt im Nicht-Finanzsektor ein Geldwäschevolumen von 20 bis 30 Milliarden Euro jährlich angenommen. Verlässliche Zahlen sind schwierig zu ermitteln, auch für den Immobilienmarkt. Dennoch gibt es mehrere Gründe, die im Zusammenspiel für eine enorme Anfälligkeit des Immobiliensektors sorgen: Der Immobilienmarkt zeichnet sich durch Wertstabilität aus und bietet grundsätzlich die Möglichkeit, hohe Transaktionsvolumina zu platzieren. Somit ist er per se für Geldwäscheaktivitäten anfällig. Darüber hinaus ist er aber auch für organisierte Kriminalitätsstrukturen von Interesse, da große Beträge inkriminierter Gelder durch eine Vielzahl rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten gewaschen werden können. Hierfür bieten sich bspw. verschachtelte Firmengeflechte an, die den wahren Erwerber einer Immobilie verschleiern.
Immobilien sind, vor allem in der heutigen Zeit, eine gute Geldanlage. So lassen sich bspw. »Schrottimmobilien« mit kriminellen Geldern für wenig Geld kaufen, anschließend sanieren und letztlich aufgrund der Wertsteigerung schnell und teuer weiterverkaufen oder vermieten. Auf diese Weise gelangen Geldwäscher relativ schnell an scheinbar legales Geld. In Deutschland kommt es den Kriminellen außerdem zugute, dass – im Gegensatz zum Finanzsektor – die Sensibilisierung für Geldwäscheprävention im Immobiliensektor noch nicht so groß ist. Dies macht es Geldwäschern natürlich einfacher, bei ihren illegalen Geschäften unentdeckt zu bleiben.
Vor diesem Hintergrund ist auch zu sehen, dass im Jahr 2020 seitens des Gesetzgebers auf die geringen Verdachtsmeldezahlen im Immobiliensektor reagiert wurde. Mit Inkrafttreten der sogenannten »Geldwäsche-Immobilienverordnung« zum 1. Oktober 2020 wurden meldepflichtige Sachverhalte im Immobilienbereich festgelegt, welche die rechtsberatenden Berufe an die Financial Intelligence Unit (FIU) zu übermitteln haben. Betrachtet man die Verdachtsmeldezahlen des Jahres 2020 näher, wird sofort deutlich, dass die Verpflichtetengruppe der Notare seitdem ihrer Meldepflicht verstärkt nachkommt.
Das Thema Geldwäsche im Immobiliensektor nimmt auch eine prominente Rolle im Koalitionsvertrag der deutschen Regierung ein. Da du viele Jahre auch bei der Financial Intelligence Unit tätig gewesen bist – welche Instrumente brauchen Behörden und Staatsanwaltschaften aus deiner Sicht, um Geldwäsche noch effektiver zu bekämpfen?
Die Strafverfolgung ist in Deutschland gut aufgestellt, so auch in der Geldwäschebekämpfung. Gerade in den letzten Jahren hat die Bekämpfung der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zunehmend an Bedeutung gewonnen, nicht zuletzt auch aufgrund der FATF-Deutschlandprüfung, auf deren Ergebnis alle Beteiligten noch gespannt warten.
Nichtsdestotrotz haben Kriminelle gegenüber der Behördenwelt häufig einen entscheidenden Vorteil: Organisierte Kriminalitätsstrukturen sind gut vernetzt und die Kommunikation in diesen Strukturen informell, effektiv und schnelllebig. Geldwäscher sind somit in der Lage, zügig auf veränderte Situationen zu reagieren und ihre Methoden anzupassen.
Die Spur des Geldes, auch grenzüberschreitend, zu verfolgen und Täter rechtzeitig zu fassen, ist für die Behörden deshalb eine alltägliche Herausforderung. Bei der Geldwäschebekämpfung zählt vor allem, dass Gelder frühzeitig sichergestellt werden können, und zwar, bevor sie dem staatlichen Einflussbereich entzogen werden. Da organisierte Täterstrukturen fast immer länderübergreifend tätig werden und Geldwäsche somit ein internationales Problem ist, das sich nur gemeinsam lösen lässt, muss hier die grenzüberschreitende Zusammenarbeit noch weiter in den Fokus rücken.
Was sind für dich die Trends im Jahr 2022 im Bereich der digitalen Geldwäsche-Compliance, die Verpflichtete aus dem Nicht-Finanzsektor, wie Immobilienmakler, noch besser vor dem Missbrauch durch Geldwäscher schützen können?
Entscheidend ist, dass die Verpflichteten des Geldwäschegesetzes ihre Kunden kennen, um auf diese Weise, ihre eigene Risikosituation gut einschätzen zu können. Die Identifizierung der Vertragspartner ist nicht nur gesetzlich vorgeschrieben, sondern hilft auch dabei, das eigene Unternehmen vor dem Missbrauch der Geldwäsche zu schützen. Häufig wird die Identifizierung der Vertragspartner als lästiger Papierkram empfunden. Doch hierfür gibt es mittlerweile auch moderne und digitale Lösungen. Know-Your-Customer (KYC) verfolgt auch einen unternehmerischen Selbstzweck: Denn, wenn ich als Unternehmer meinen Kunden kenne, kann ich mich auch davor schützen, dass Kriminelle mit mir Geschäfte machen möchten. Unternehmen, die Geldwäsche-Compliance ernst nehmen, brauchen Prüfungen durch die zuständigen Aufsichtsbehörden nicht zu fürchten.
Mehr noch: Auch Reputationsschäden lassen sich vermeiden, wenn ich als Unternehmen meinen rechtlichen Verpflichtungen nachkomme. Nicht nur der »Fall Wirecard« hat gezeigt, dass das eigene Risikomanagement und die Einführung unternehmensinterner Sicherungsmaßnahmen die wesentliche Basis für eine erfolgreiche Geldwäscheprävention darstellen.
Geldwäsche geht uns alle an, denn sie verursacht auch in Deutschland jährliche finanzielle Schäden in Milliardenhöhe. Geschultes Personal, ein Geldwäsche- Präventionskonzept und eine verantwortliche Person für geldwäscherechtliche Angelegenheiten sollten jedes verpflichtete Unternehmen besitzen. Denn somit läuft das Unternehmen auch weniger Gefahr, in kriminelle Machenschaften verwickelt zu werden.
Dieses Interview erschien zuerst im "Money Laundering Reporting Officer" (MLRO) - unserem Newsletter für Geldwäsche-Compliance.
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Stefan Sartorius
Head of Marketing & Communications