25.08.2022

FATF-Prüfung - in Deutschland versagt die Praxis

Deutschland ist in der Bekämpfung von Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung und Proliferationsfinanzierung „weniger schlecht“ geworden. Das geht aus der Veröffentlichung der Ergebnisse der Prüfung Deutschlands durch die Financial Action Task Force (FATF) hervor, die damit auch die vorherige Einschätzung durch Lena Olschewski, Senior Compliance Managerin bei Kerberos, bestätigt.

Zwar wird Deutschland für Verbesserungen gelobt, die seit der letzten FATF-Prüfung umgesetzt wurden, jedoch gibt es in vielen Bereichen noch einen enormen Aufholbedarf.

Deutschland hat sich verbessert

Positiv beleuchtet der FATF-Report den Willen Deutschlands, das eigene Verständnis über die Risiken von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung auszubauen. Hierfür wurde 2019 die erste nationale Risikoanalyse veröffentlicht. Zudem wurde viel Aufwand in die bessere Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern betrieben. Dass Absichtsbekundungen auch Taten folgen, sehe man zusätzlich an der personellen Aufstockung der BaFin als auch der Financial Intelligence Unit (FIU), die für die Verarbeitung von Verdachtsmeldungen zuständig ist. Im Jahr 2021 waren dies über 200.000. Positiv beurteilte die FATF auch, dass der Behörde verbesserte Zugänge zu Finanzinformationen zur Verfügung gestellt wurden.

Die Strafverfolgung hätte zudem ebenfalls ihre Schlagfertigkeit ausgebaut. So könne heute Vermögen einfacher beschlagnahmt werden und die strafrechtliche Verfolgung von Geldwäsche sei insgesamt einfacher geworden. Insbesondere dadurch, dass der Vortatenkatalog zur Geldwäsche weggefallen ist. Heute gelten alle Straftaten auch als potenzielle Vortaten für Geldwäsche. Die Einführung eines bundesweiten Transparenzregisters wäre, trotz der Tatsache, dass die Auswirkungen der Einführung zum Zeitpunkt der Prüfung noch nicht absehbar waren, ebenfalls ein richtiger Schritt.

Die AFCA ist ein Fortschritt für die Geldwäschebekämpfung

Damit Staat und Wirtschaft an einem Strang ziehen, wurde in Deutschland zudem die „Anti Financial Crime Alliance“ (AFCA) als Public-Private-Partnership gegründet. Kerberos ist ebenfalls Mitglied und leitet den Arbeitskreis 5 der Organisation zu Geldwäscherisiken im Glücksspiel. Die FATF sieht auch in dieser Organisation einen Fortschritt für die Geldwäschebekämpfung in Deutschland.

Hervorgehoben wird in dem Report zudem die effektive Bekämpfung von Terrorismusfinanzierung und im Zusammenhang mit Terrorismus stehenden Straftaten in Deutschland sowie der hohe Stellenwert, den die internationale Zusammenarbeit für die Bundesrepublik im Herzen Europas besitze.

Das war dann aber auch schon alles. An Kritik mangelt es in dem Report ebenfalls nicht.

Vieles läuft falsch

Deutschland sei ein bargeldaffines Land und sich über die Risiken im Klaren. Dennoch stelle „unbegleitetes Bargeld“, im Sinne von Bargeld welches zum Beispiel über die Post transportiert wird, die Geldwäschebekämpfung vor weiteren ungelösten Herausforderungen. Gleiches gelte für komplexere Geldwäschestrukturen, professionelle Geldwäsche-Dienstleister (sogenannte “Enablers”) sowie Geldwäsche, an der juristische Berufe beteiligt sind, wie Rechtsanwälte und Notare - wenn es kompliziert wird, versagen die Kontrollen.

Komplizierter wird es auch, wenn man sich die Koordination zwischen den Ländern und deren über 300 Aufsichten für die rund 1 Millionen Verpflichteten aus dem Nicht-Finanzsektor anschaut. Bundesfinanzminister Christian Lindner hat deswegen schon im Vorfeld eine Zentralisierung der Aufsichten angekündigt.

Vergiftetes Lob

Das Lob auch vergiftet sein kann, wird am Beispiel der FIU klar. Sie sei zwar ausgebaut worden – komme jedoch nicht mit den Anforderungen und den Standards der FATF für die Arbeit von FIUs generell nach. Um die Menge an Verdachtsmeldungen richtig zu bearbeiten, bräuchte es fortschrittliche Analyseverfahren oder den Einsatz künstlicher Intelligenz, die beide aktuell jedoch nicht zur Verfügung stehen.

Neue Ausstattung bräuchte die FIU in jedem Fall, wenn man den nächsten Kritikpunkt betrachtet: Trotz der Rekordzahl von ca. 200.000 Verdachtsmeldungen 2021, schreiben die Prüfer, dass aufgrund des Risikoprofils Deutschlands mehr zu erwarten wäre. Insbesondere aus dem Nicht-Finanzsektor, der nur einen Bruchteil der Meldungen abgeben würde. Hingegen würden Banken teils, so erscheint es der FATF zumindest, zu viele Meldungen abgeben. Etwa aus Furcht, etwas zu übersehen, wofür sie nachher bestraft werden könnten.

Die einen melden zu viel, die anderen zu wenig. Gründe für die wenigen Meldungen aus dem Nicht-Finanzsektor sehen die Prüfer in Teilen in der mangelnden Sensibilisierung, Missverständnissen in Bezug auf die Meldeschwellen, unzureichende Präventionsmaßnahmen und Verwirrung in Bezug auf die berufliche Schweigepflicht.

Verstöße lassen sich trotz BaFin beliebig wiederholen

Doch auch der Finanzsektor hat laut der FATF Nachholbedarf in der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Banken würden zwar gut kontrolliert, doch die BaFin versäume es, Verpflichtete aus dem Finanzsektor, die keine Banken sind, ausreichend zu prüfen. Verstöße würden häufig nicht schnell genug behoben. Außerdem trage die Behörde nicht genug dazu bei, dass Verpflichtete dieselben Versäumnisse nicht einfach wiederholen. Insgesamt zweifelt die FATF an der Robustheit der Prüfungen durch die BaFin. Zwar prüfe die Behörde neue Marktteilnehmer, doch die Ablehn-Rate falle auffallend niedrig aus. Eine mangelhafte Datenqualität ließe zusätzlich keine abschließende Schlussfolgerung zu.

Auch proaktiver solle die BaFin vorgehen. Zum Beispiel,wenn es um nicht lizenzierte Finanzdienstleister – wie im Fall von Hawala Banking – geht.

Proaktiv ist dann auch ein Stichwort, was die FATF in anderen Bereichen vermisst. Ein hartes Urteil: Kriminellen und deren Komplizen wird der Markteintritt in Deutschland zu einfach gemacht. Die FATF sieht das Problem vor allem im Bereich des Edelmetall- und Edelsteinhandels, aber auch unter Anbietern von Treuhand- und Unternehmensdienstleistungen. Hier gäbe es faktisch keine Vorab-Kontrollen. Außerhalb der Glücksspielwelt wäre das Verhalten der Aufsichtsbehörden eher reaktiv und damit zu durchlässig.

Zuletzt übt die FATF auch Kritik an dem föderalen System in Deutschland und etwas anderem “typisch Deutschen”: Dem Datenschutz. Das föderale System erschwere die Aufbereitung von Daten, zentrale Fallverarbeitung- und verfolgung. Datenschutzbehörden machten den Austausch zwischen Bund und Ländern unnötig kompliziert.

In der Theorie stimmt es - die Praxis versagt

So kommt es dann auch, dass Deutschland in keinem Bereich des „Effektiven Ratings“ besser als „Substantiell“ abschneidet. In sieben von 11 Fällen sogar noch eine Stufe darunter – mit „moderat“. Das Rating beschreibt, wie stark Präventionsmaßnahmen wirklich umgesetzt werden. Rein „technisch“ schneidet Deutschland weitaus besser ab. In 17 von 40 Rating-Aspekten wird Deutschland als „compliant“ eingestuft, in 18 Fällen „überwiegend compliant“ und nur in 5 Fällen als „teilweise compliant“.

Jetzt muss Deutschland wieder Nachsitzen. Schon 2010 wurde Deutschland unter „verschärfte Beobachtung“ gestellt und musste jährlich Bericht erstatten. 2014 wurde diese Pflicht wieder aufgehoben, da Deutschland Fortschritte zu vermelden hatte. Laut Süddeutscher Zeitung wurde diese Pflicht durch die neue Benotung wieder eingeführt.

Autor:in



Otis Benning
Associate Marketing and Communications

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