In einem Interview spricht Lena Olscheswki wie die Bewertung Deutschlands durch die FATF einzuordnen ist und warum aktuelle Regulierungsverfahren auf EU-Ebene im starken Widerspruch zu den Ergebnissen der Prüfer stehen.
Lena Olschewski ist DEKRA-zertifizierte Geldwäschebeauftragte, Volljuristin, Senior Compliance Manager und Gründungsmitglied sowie stellvertretende Vorsitzende des Bundesverbands der Geldwäschebeauftragten (BVGB).
Liebe Lena, auf einer Tagung Mitte Juni hat die FATF erste Einblicke in ihre Prüfungsergebnisse zur Geldwäschebekämpfung in Deutschland veröffentlicht. Auch wenn die Bewertung Deutschlands insgesamt besser ausfällt, kritisiert sie einige Punkte, z.B. die mangelnde Aufsicht im Nicht-Finanzsektor. Was sagst du zu den vorläufigen Ergebnissen?
Als wirklich besser würde ich die Prüfungsergebnisse, die die Prüfer in Ansätzen haben durchblicken lassen, nicht bezeichnen. Eher als weniger schlecht. Die Kontrolleure sprechen z.B. davon, dass es im Nicht-Finanzsektor weiterhin »erheblichen Verbesserungen« bedürfe. Es wird kritisiert, dass es zwar viele Geldwäscheverdachtsmeldungen aus dem Bankensektor an die FIU gebe, aus dem gewerblichen Bereich, wie etwa von Notaren, Kunst- und Autohändlern, aber nur sehr wenige. Das verwundert mich nicht und ist eine Kritik, die auch wir immer wieder angeführt haben. Mich wundert es besonders, dass die EU bei der Schaffung ihrer Anti-Geldwäsche-Behörde (AMLA) den absoluten Fokus auf den Finanzsektor legt und zudem weite Teile des Güterhandels entpflichten möchte. Im Kern ist das absurd. Die FATF fordert eine wirksamere Aufsicht über den NichtFinanzsektor und das EU-Parlament schließt gerade Teile dieses Sektors aus der Gesetzgebung für eine wirksamere Geldwäschebekämpfung aus.
Kannst du das einmal etwas genauer erläutern?
Das EU-Parlament will im Rahmen ihres neuen AML-Gesetzespakets eine gemeinsame Anti-Geldwäsche-Behörde gründen und damit eine einheitliche Aufsicht einführen. Erstmal ist das natürlich zu begrüßen. Diese soll aber laut den aktuellen Berichtsentwürfen nur den europäischen Finanzsektor vollumfänglich überwachen können. Im Nicht-Finanzsektor und damit z.B. Kfz- und Edelmetallhändler, Steuerberater, Anwälte, Notare oder Immobilienmakler, ist lediglich eine ergebnisfokussierte Beaufsichtigung geplant. Hinter vorgehaltener Hand hören wir, dass dies vor allem aus Ressourcengründen so geplant ist. Es wäre personell nicht möglich die Behörde so aufzustellen, dass auch der Nicht-Finanzsektor wirksam überwacht werden könne. Das finden wir beim Bundesverband der Geldwäschebeauftragten (BVGB) einigermaßen bedenklich und als Begründung nicht überzeugend. Eine Lösung soll die Einführung einer EU-weiten Barzahlungsobergrenze sein. Mit Einführung der geplanten Barzahlungsobergrenze soll ein Großteil der Güterhändler zudem entpflichtet werden. Damit lösen wir aber nicht das Problem. Wenn die geldwäscherechtlichen Sorgfaltspflichten für diese Gruppen entfallen und diese sich nur noch an eine Bargeldobergrenze halten müssen, gelten unterm Strich weniger Anti-Geldwäscheregeln. Dann gehen Geldwäscher wieder dazu über, die Summen zu stückeln und über KFZ-Händler und andere Branchen in den Wirtschaftskreislauf einzuschleusen, ohne dass diese in irgendeiner Art und Weise bezüglich Geldwäscheprävention sensibilisiert sind. Das eine Bargeldobergrenze allein als unwirksam zur Geldwäschebekämpfung angesehen wird, zeigt auch das Beispiel Griechenland. Alles über 500€ darf nicht in bar bezahlt werden. Auf die Idee, alle anderen Sorgfaltspflichten abzuschaffen, ist man dort aber nicht gekommen. Zur wirksamen Prävention und Bekämpfung von Geldwäsche sind vielmehr klare, praxistaugliche Regelungen und eine einheitliche Aufsicht notwendig.
Olaf Scholz hat in seiner Rede vor der FATF von der Einführung eines weltweiten Transparenzregisters gesprochen. Wie bewertest du diese Ankündigung?
Ein weltweites Transparenzregister für Unternehmen und deren Eigentum würde ich uneingeschränkt befürworten. Leider wirkt das in Anbetracht der momentanen Verhältnisse noch als eine utopische Forderung. Wir fordern seit langem in Deutschland funktionierende und umfassende Unternehmens- und Immobilienregister. Das würde uns als Complianceverantwortliche in unserer täglichen Arbeit sehr helfen, weil es häufig immens aufwändig ist, die wirtschaftlich Berechtigten hinter Unternehmen zu identifizieren. Das sieht man ja gerade auch bei den Sanktionen gegen russische Oligarchen. Da werden riesige Vermögenswerte hinter fragwürdigen Firmenkonstruktionen versteckt und die dahinterstehenden Personen müssen aufwändig recherchiert werden. Dass das so aufwändig ist, liegt auch daran, dass die hiesigen Register extrem lückenhaft sind. Ich würde also dafür plädieren erst einmal die hiesigen Register so aufzustellen, dass sie tatsächlich verlässliche Informationen liefern. Das müsste so dann in jedem Land der Welt umgesetzt werden, um die Register letztlich zu einem weltweiten Transparenzregister zu vernetzen. Da sehe ich ehrlich gesagt noch ein Stück Arbeit auf uns zukommen.
Dieses Interview erschien zuerst im "Money Laundering Reporting Officer" (MLRO) - unserem Newsletter für Geldwäsche-Compliance.
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Stefan Sartorius
Head of Marketing & Communications