In einem Interview spricht Christian Tsambikakis über die Arbeit von Kerberos im Rahmen der “Anti Financial Crime Alliance” (AFCA), einer Organisation, die durch die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (FIU), die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), das Bundeskriminalamt (BKA) und von großen deutschen Banken gegründet wurde.
Christian Tsambikakis hat jahrelange Erfahrung im Bereich Legal Affairs in verschiedensten Positionen. Der zertifizierte Geldwäschebeauftragte ist Volljurist, Master of Law (LL.M.) und seit 2017 Geschäftsführer bei Kerberos Compliance. Er ist Gründungsmitglied des Bundesverbands der Geldwäschebeauftragten (BVGB) und zudem Leiter der Arbeitsgruppe 5 der Anti Financial Crime Alliance (AFCA).
Lieber Christian, bei Kerberos beschäftigt ihr euch im Rahmen des Engagements bei der “Anti Financial Crime Alliance” (AFCA) schwerpunktmäßig mit dem Thema Glücksspiel. Was ist die AFCA und welche Rolle erfüllt sie?
Die Anti Financial Crime Alliance ist eine sogenannte Public Private Partnership welche 2019 durch die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (FIU), die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), das Bundeskriminalamt (BKA) und von großen deutschen Banken gegründet wurde.
In den folgenden Jahren sind weitere Verpflichtete und Behörden aus anderen Branchen hinzugekommen, so auch Beteiligte im Bereich des Glücksspiels. Ziel des Zusammenschlusses ist es, eine dauerhafte strategische Zusammenarbeit von Privatwirtschaft und Behörden im Bereich der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung in Deutschland zu etablieren.
Bei Kerberos sind wir davon überzeugt, dass die wirksame Bekämpfung von Geldwäsche nur dann funktionieren kann, wenn alle Akteure eng zusammenarbeiten. Als Spezialist für Geldwäsche-Compliance war es uns wichtig, mit unserem Know-how zur Verfügung zu stehen und den Austausch mit den Behörden zu suchen. Als Mitgründer des Arbeitskreises 5 beschäftige ich mich seitdem im Rahmen unseres AFCA-Engagements vor allem mit Geldwäscherisiken im Glücksspiel.
Warum gerade mit dem Thema Glücksspiel?
Laut der nationalen Risikoanalyse des Bundesfinanzministeriums aus dem Jahr 2019 wird die Glücksspielbranche als Hochrisikosektor für Geldwäsche eingeordnet. Dafür gibt es zwei Hauptgründe. Einerseits werden die hohen Transaktionsbeträge genannt, die offline häufig in bar gezahlt werden. Außerdem ist die Transaktionsgeschwindigkeit sehr hoch.
Das heißt in Form von Wetten können Gelder sehr schnell umgeschlagen und verschoben werden. Online wird das Risiko neben der Transaktionsgeschwindigkeit vor allem in der Vielzahl der Zahlungsmöglichkeiten gesehen, die eine Herkunftsverschleierung einfacher machen.
Für den Glücksspielsektor ergeben sich damit umfangreiche Verpflichtungen nach dem Geldwäschegesetz. Diese sind jedoch nicht immer eindeutig formuliert und lassen viel Spielraum für Interpretationen. Die Verpflichteten im Glücksspielsektor sehen sich deshalb in Bezug auf ihre Pflichten mit Unklarheiten konfrontiert. Die gilt vor allem im Hinblick auf die konkrete Anwendung der gesetzlichen Vorgaben in der Praxis.
Die sektorspezifischen Anwendungs- und Auslegungshinweise der Länder bieten hier zwar gewisse Hilfestellung, lassen jedoch noch diverse Fragen weiter offen. Gemeinsam mit den Behörden arbeiten wir im Rahmen der AFCA daran, hier eine Verbesserung und mehr Klarheit für alle Beteiligten zu schaffen.
Kannst du uns ein Beispiel aus der Praxis nennen?
Nehmen wir als Beispiel die Frage, wann der im Glücksspiel entscheidende Schwellenwert von € 2.000 erreicht ist, ab dem die sogenannte Know-Your-Costomer-Prüfung durchgeführt werden muss. Wird bei einer einzelnen Transaktion der Schwellenwert erreicht, ist dies eindeutig. Das Gesetzt sagt aber, dass Transaktionen zusammengenommen betrachtet werden müssen, wenn zwischen diesen eine Verbindung zu bestehen scheint.
Die Anwendungs- und Auslegungshinweise der Länder konkretisieren dies dahingehend, dass ein sachlicher und zeitlicher Zusammenhang zwischen den Transaktionen bestehen muss. Das ist aber für die praktische Anwendung immer noch zu unkonkret. Die Frage ist daher in der Arbeitsgruppe diskutiert worden und die Behörden und die Verpflichteten konnten sich auf konkrete Vorgaben für bestimmte Konstellationen verständigen, die in der Praxis eine klare Hilfestellung geben.
Das ist aber nicht das einzige komplizierte Thema. Zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten gehört auch eine Überwachung von Auffälligkeiten unterhalb des Schwellenwertes von € 2.000. Die Verpflichteten müssen daher auch das Glücksspiel mit kleinen Beträgen im Auge behalten und über ein Datenverarbeitungssystem überwachen. Der risikobasierte Ansatz des Geldwäschegesetzes erlaubt es zwar auch, aufgrund der konkreten Risikoeinschätzung des Verpflichteten hier nicht alle Transaktionen zu überwachen. Es besteht aber aufgrund des unbestimmten Gesetzesbegriffes Unsicherheit darüber, ob bestimmte Mindesteinsatzbeträge für die Überwachung definiert werden können und wie hoch diese liegen müssen. Auch für diese Frage konnte in der Arbeitsgruppe ein konkreter Schwellenwert zumindest für den Sportwettenbereich zwischen den Beteiligten abgestimmt werden, was den Verpflichteten die praktische Arbeit erleichtern wird, ohne das Risiko von Geldwäsche relevant zu erhöhen.
Für die Arbeit interessiert sich im Übrigen auch die Financial Actions Task Force (FATF). Diese hat bei ihrer Überprüfung Deutschland zur Umsetzung der Geldwäscherechtlichen Vorschriften Gespräche mit Mitgliedern der Arbeitsgruppen der AFCA geführt und wird diese in ihre Bewertung einfließen lassen.
Dieses Interview erschien zuerst im "Money Laundering Reporting Officer" (MLRO) - unserem Newsletter für Geldwäsche-Compliance.
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Stefan Sartorius
Head of Marketing & Communications