19.12.2022

Jahresrückblick 2022: Der Angriffskrieg

Der Angriffskrieg zeigt Schwachstellen in der deutschen Sanktionsumsetzung auf. Die Bundesregierung reagiert mit zwei umfangreichen Gesetzespaketen. Die effektive Umsetzung von Sanktionen nimmt daraufhin an Fahrt auf.

Deutschland setzt Sanktionen unzureichend um

Der Angriffskrieg gegen die Ukraine startet im Februar 2022 – kurz nach der Anerkennung von Teilen der Ukraine als unabhängige Republiken durch das russische Parlament. Die Europäische Union reagiert mit der Verhängung von Sanktionen gegen alle an dieser Entscheidung beteiligte. Das ist das erste von vielen Sanktionspaketen, die darauf abzielen die Unterstützung des Angriffskrieges innerhalb der russischen Bevölkerung zu schwächen. In ganz Europa werden die Vermögen russischer Oligarchen eingefroren. Deutschland hinkt in der Umsetzung der Sanktionen hinterher. Während Staaten wie Italien und Spanien Vermögen einfach konfiszieren und einfrieren können, fehlt in Deutschland die Datenbasis. Erst auf massiven öffentlichen Druck und basierend auf Medienrecherchen, erfolgen die ersten Fahndungserfolge nach russischem Vermögen in Deutschland. Hierzu gehört auch die Luxusyacht „Dilbar“ des russischen Oligarchen Usmanov, die gerade in einer Werft im Hamburger Hafen liegt.

Prüfungen nehmen zu

Derweil warnt Dr. Pascal Decker, Rechtsanwalt und Mitbegründer des auf Geldwäsche-Compliance für den Kunstmarkt spezialisierten Joint Ventures zwischen dtb Rechtsanwälte und Kerberos Compliance „legeARTIS“ in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung davor, dass Güter- und Kunsthändler in Europa immer stärker der Gefahr ausgesetzt sind, sich wegen Embargoverstößen verantworten zu müssen. Denn reiche russische Oligarchen hätten über die letzten Jahre ihr Vermögen im sicheren Europa investiert und Geschäftsbeziehungen aufgebaut. Er ruft deswegen dazu auf, Neu- und Bestandskund:innen gleichermaßen verstärkt zu prüfen. Einen Ansatz hierfür biete die von Kerberos und dtb Rechtsanwälte gemeinsam betriebene KYC App, die auch Prüfungen von Sanktions-, PeP- und Hochrisikostaaten automatisch übernimmt. Decker geht in dem Interview davon aus, dass die Behörden die Einhaltung von Sanktionen in Zukunft verstärkt prüfen werden. Eine weitere Lösung stellt Kerberos im August vor: Ab sofort ist es für Unternehmen möglich, ihre Datenbanken per API mit aktuellen Sanktions-, PeP- und Hochrisikoländer-Listen abzugleichen.

Die Sanktionsdurchsetzungsgesetze I & II

Im Juni dann beschließt der Bundestag das erste von zwei Sanktionsdurchsetzungsgesetzen (SDG I & SDG II). Bis dahin konnte Deutschland lediglich Oligarchen-Vermögen im Wert von 143 Millionen Euro einfrieren. Ein im Verhältnis zu anderen EU-Staaten niedriger Wert. Das SDG I soll die Grundlage dafür legen, dass Behörden die Einhaltung von Sanktionen stärker überwachen können. Das Gesetz entfaltet bis Juli seine Wirkung: Das von Deutschland eingefrorene Oligarchen-Vermögen wird jetzt auf 4.48 Milliarden beziffert. Insgesamt sollen in der EU rund 14 Milliarden Euro eingefroren worden sein.

Das SDG II wird im Dezember 2022 beschlossen. Es verbietet auch den Erwerb von Immobilien mit Bargeld und soll die operative Umsetzung von Sanktionen stärken.

Erste Strafen werden ausgesprochen

Der erste strafrechtlich relevante und öffentlichkeitswirksame Fall von Embargoverstößen betrifft im Juni einen Duma-Abgeordneten. Dieser soll in München mehrere Mietswohnungen trotz der gegen ihn verhängten Sanktionen weitervermietet und dadurch Einnahmen generiert haben. Da der Duma-Abgeordnete sich nicht in Deutschland befindet, werden die Wohnungen sowie das dazugehörige Bankkonto von der Staatsanwaltschaft konfisziert.

Ein zweiter Fall macht im September Schlagzeilen. Dem russischen Oligarchen Usmanov sollen mehrere Anwesen am Tegernsee gehören, die er in Abwesenheit von einer privaten Security-Firma bewachen ließ. Da gegen Usmanov jedoch Sanktionen verhängt wurden, durfte die Security-Firma mit dem Oligarchen keine Geschäftsbeziehung eingehen. Wer heute die Anwesen bewacht, ist uns unbekannt.

Menschenhandel an der ukrainischen Grenze

Im Zusammenhang mit dem russischen Überfall auf die Ukraine häufen sich laut internationaler Hilfsorganisationen auch Fälle von Menschenhandel. So werden laut Unicef Alleinreisende Frauen und Kinder an der ukrainischen Grenze von vermeintlichen Helfer:innen angesprochen und in eine Falle gelockt. Menschenhandel gehört laut der Europäischen Kommission zu einer der 22 häufigsten Vortaten für Geldwäsche.

Autor:in



Otis Benning
Associate Marketing and Communications

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