Der Geschäftsführer bei Kerberos und studierte Jurist Christian Tsambikakis hat jahrelang den Bereich Legal Affairs in verschiedenen Positionen verantwortet. Zuletzt war er Leiter des deutschen Büros der BBC-Studios, bis er die Leitung des Startups Kerberos Compliance im Jahr 2017 übernommen und maßgeblich die Gründung des BVGBs (Bundesverband der Geldwäschebeauftragten) im Februar 2020 vorangetrieben hat. Im Jahresrückblick spricht Christian Tsambikakis über die wichtigsten Entwicklungen im Jahr 2021 im Bereich der Geldwäscheprävention und darüber, wie der Finanzsektor immer wieder in die Schlagzeilen rund um das Thema Geldwäsche gerät.
Lieber Christian, Wirecard, Pandora Papers, die Durchsuchung des Finanzministeriums mitten im Bundestagswahlkampf - dieses Jahr ist im Geldwäschebereich viel passiert. Wie blickst du mit Kerberos auf das Jahr 2021?
Das Jahr 2021 wurde durch Skandale und regulatorische Umwälzungen begleitet, um Geldwäsche in Deutschland und der EU einzudämmen. Die Reihe an Kontroversen rund um Wirecard, den Pandora Papers, aber auch den Durchsuchungen der Räumlichkeiten der FIU, haben aufgezeigt, dass die Kette an Skandalen in diesem Bereich nicht abbricht. Geldwäsche ist international und muss schneller, digitaler und internationaler bekämpft werden. Dafür müssen sämtliche Behörden technisch und personell gestärkt werden.
Ob Kryptowertetransferverordnung, das Transparenzregister- und Finanzinformationsgesetz oder auch die personelle Verstärkung der FIU – viele Maßnahmen wurden angestoßen, stehen derzeit im Rahmen der FATF-Bewertung auf dem Prüfstand und werden stringent weiterverfolgt werden müssen. Auch das neue EU-Paket zur Geldwäschebekämpfung spiegelt den Druck auf Behörden und die Politik wider. Wir begrüßen diese Bemühungen. Es bleibt jedoch weiterhin beim Grundtenor: Das Aufsichtsvorgehen muss einheitlicher, die Kooperation digitaler und der Vollzug verstärkt werden.
Es darf nicht weiter um das „Ob“ der Präventionsmaßnahmen im Geldwäschebereich gehen, sondern um das „Wie“ ihrer effizienten Einhaltung. Verpflichteten des Geldwäschegesetzes muss die Umsetzung der Präventionsanforderungen erleichtert werden. Die Aufsichtsbehörden wiederum müssen diese Einhaltung intensiv überprüfen und Verstöße konsequent ahnden. Die Einhaltung geldwäscherechtlicher Verpflichtungen muss konsequent durchgesetzt werden - ebenso wie die Einhaltung des Datenschutzes. Dabei darf auch der Nicht-Finanzsektor nicht vernachlässigt und benachteiligt werden, wie beispielsweise beim Zugang zum Transparenzregister. Wir sehen zwei Grundfragen: Will Deutschland die Spitzendestination der westlichen Hemisphäre werden für Geldwäscher und die organisierte Kriminalität? Wollen wir nur mit einem halbgeöffneten Auge Prävention betreiben, nämlich im Finanzsektor, oder sehen wir holistisch auf sämtliche Einfallstore des deutschen Wirtschaftskreislaufs? Dann muss der Nicht-Finanzsektor ebenso stärker berücksichtigt werden.
Neben dem Immobiliensektor stehen immer wieder Banken und andere Finanzinstitute im Zentrum der Berichterstattung rund um Geldwäsche. Was läuft dort schief?
Während klassische Banken eigene Compliance-Abteilungen mit langjähriger Routine besitzen, stellen wir fest, dass besonders Neo-Banken, Finanz- und Krypto-Unternehmen einen erheblichen Bedarf an digitaler Geldwäsche-Compliance haben. Durch starken Expansions- und Wettbewerbsdruck, müssen sie nicht nur agil auf Verdachtsmomente im Geldwäschefall reagieren, sondern ihr Geschäftsmodell von Beginn an rechtskonform ausrichten, um hohe Bußgelder und Reputationsschäden zu vermeiden. Der hohe Digitalisierungsgrad junger Tech-Unternehmen ermöglicht es agil und mit geringem Aufwand Anpassungen in Sachen Compliance vorzunehmen.
Wir stehen im engen Austausch mit Startups, um ihnen dabei zu helfen, compliant zu sein und sich gleichzeitig auf das zu konzentrieren, was sie am besten können: Ihr Geschäft und ihren Traum, den Finanzmarkt disruptiv zu verändern, voranzubringen. Bei den klassischen Geldinstituten muss es Teil des Geschäfts sein, wasserdichte Überwachungssysteme laufen zu haben. Dies klingt jedoch leichter als es ist. Zudem haben manche Banken einen höheren Risikoappetit. Wenn mit sogenannten „Hochrisikoindustrien“ gearbeitet wird, sollte ein Hochrisiko-Compliance-Management betrieben werden. Dies scheint, aus der reinen Fernbetrachtung, nicht überall der Fall zu sein.
Was sind deiner Meinung nach die Trends in der Geldwäscheprävention 2022?
2022 steht ganz im Zeichen von Automatisierung und Edukation der verpflichteten Industrien. Geldwäsche-Compliance wird zum Boom-Thema in der weltweiten Wirtschaft. Das belegen zahlreiche Studien, die prognostizieren, dass sich die Ausgaben für Compliance in den nächsten Jahren massiv erhöhen werden müssen, um mit den regulatorischen Anforderungen standzuhalten. Verpflichtete sind deshalb schon heute darauf angewiesen, auf digitale Lösungen und Produkte zurückzugreifen, die kostenintensive Beratungsstunden obsolet machen. Hierzu gehört auch der Einsatz digitaler Innovationen und künstlicher Intelligenz, sei es im App-Format, “Workflow Automation” oder „Machine Learning“, um die Effizienz und Effektivität von geldwäscherechtlichen Maßnahmen und Abläufen zu maximieren. Das Ziel ist und bleibt für uns bei Kerberos auch im Jahr 2022 Geldwäsche-Compliance für alle einfach, bezahlbar und umsetzbar zu gestalten.
Wir wollen nicht nur auf neue Geldwäsche-Methoden reagieren, um unsere Kunden vor Missbrauch zu schützen, sondern Missbrauch in Zukunft durch Innovation verhindern. Wir haben 2021 massiv in die Entwicklung von digitalen Produkten investiert, neue Profis für unser Team gewonnen und unsere Kooperationen mit Verbänden aus unterschiedlichsten Branchen erweitert. Wenn Netflix es hinbekommt, schaffen wir es auch, unsere Vision voranzutreiben, digitale Geldwäscheprävention für alle zu ermöglichen – und das im Abo-Modell.
Stefan Sartorius
Head of Marketing & Communications