Geldwäsche in Deutschland: Ein Monat zeigt alle Facetten

Veröffentlicht: 2025-10-28

Dirty Money – Geldwäsche-Paradies Deutschland” - die ARD Dokumentation zeugt von dem harten Kampf gegen Geldwäsche in Deutschland - sowie deren Auswirkungen auf die Wirtschaft und Gesellschaft. Zu Wort kommen Ermittler:innen, Geldwäschebeauftragte und Finanzexpert:innen. Die Frage: Wie kann man dem Problem Herr werden?

(...) Quellen können weitere Informationen öffentlicher oder privater Stellen (...) sein. In Betracht kommen beispielsweise auch im Unternehmen vorhandenes bzw. zu gewinnendes Wissen (etwa aus Medienauswertungen)(...)
— BaFin - AuA AT (02.07.2025)

Die Dokumentation zeigt eindrückliche Beispiele - insbesondere aus Hotellerie und Gastronomie. Es gibt unzählige Weitere. Bei Kerberos Compliance monitoren wir nicht nur regulatorische Änderungen, sondern auch die tägliche Medienlage. Hieraus lassen sich beispielsweise für Risikoanalysen wertvolle Informationen ableiten, die Produkt-, Geographische- und weitere Risiken betreffen. Es mag in den Nachrichten-Feeds untergehen - aber es wird laufend über Geldwäsche- und Finanzkriminalität berichtet. Zu häufig, um Ihnen an dieser Stelle alle Nachrichten des letzten Monats aufzulisten. Hier nur ein kuratierter Überblick.

Der Oktober für Sie im kuratierten Überblick

100 Milliarden Euro jährlich – so viel schmutziges Geld wird in Deutschland gewaschen. Möglicherweise sogar deutlich mehr, wie BaFin-Direktorin Birgit Rodolphe auf einer Fachkonferenz des Deutschen Instituts für interne Revision anmerkte. Der vergangene Monat liefert einen beunruhigenden Querschnitt durch die Realität der Finanzkriminalität: von Finanzagenten bei Digitalbanken über Luxusauto-Vermieter bis zu jahrelangen Immobilien-Verschleierungen. Ein Monat, der zeigt: Geldwäsche hat viele Gesichter. (Quelle: nd-aktuell.de, 10. Oktober 2025)

Deutschland gilt international als "Geldwäsche-Paradies". Dazu Sachsens Finanzminister Christian Piwarz (CDU): "Wenn wir nicht wollen, dass sich kriminelle Banden weiter festsetzen, müssen wir gemeinsam und entschlossen dagegen vorgehen." Doch die Frage ist: Wo genau setzt man an, wenn das Problem so vielschichtig ist? (Quellen: Süddeutsche Zeitung, 22. Oktober 2025)

Von Bankkonten zu Fluchtautos: Die Infrastruktur der Geldwäsche

Die Antwort findet sich in den Details der alltäglichen Ermittlungsarbeit. Eine Analyse von Gerichtsmeldungen des Platow Verlag zwischen April und September zeigt, dass Geldwäsche über Bankkonten längst alle Institutstypen betrifft – von Sparkassen über Genossenschaftsbanken bis zu Digitalbanken wie N26. Das Muster dabei sei erschreckend simpel, schreibt Autor Jan Schrader: Sogenannte "Finanzagenten" stellen ihre Konten gegen Provision bereit. Andere nutzen vorgetäuschte Online-Verkäufe über Kleinanzeigen und Vinted als Tarnung. In den meisten Fällen bleiben die eigentlichen Drahtzieher unbekannt – die Finanzagenten fliegen auf, die Betrüger entkommen. (Quelle: PLATOW Brief, 2. Oktober 2025)

Decken Verpflichtete - wie Banken - solche verdächtigen Transaktionen nicht rechtzeitig auf oder melden sie zu spät, kann das ebenfalls teuer werden. Die BaFin veröffentlichte erst im September eine Maßnahme, in der sie gegen eine Bank ein Bußgeld von 3,3 Millionen Euro sowie ein Zwangsgeld von 500.000 Euro wegen Mängeln in der Geldwäscheprävention verhing. (Quelle: BaFin, 16. September 2025)

Diese "Finanzagenten" sind jedoch nur ein Baustein im System. Das Problem zieht sich durch alle Bereiche der Wirtschaft. In Berlin etwa identifizierte das Landeskriminalamt 60 Autovermietungen mit Verbindungen zur Clankriminalität – insgesamt circa 2.200 Fahrzeuge. Die Autos werden systematisch als Fluchtwagen für Raubüberfälle eingesetzt, dienen als Kokstaxis für Drogenkuriere oder als Protzfahrzeuge für illegale Autorennen. Noch dazu versichern die Täter die Fahrzeuge als Privatwagen statt als teurere Mietwagen – Versicherungsschaden von ca. 45.000 Euro pro Firma. Die Fälle in Berlin häufen sich dermaßen, dass das Land nun das europaweite Projekt "Rent" zusammen mit Europol und anderen Ländern ins Leben gerufen hat, um diesem Phänomen Herr zu werden. (Quelle: Der Tagesspiegel Online, 22. Oktober 2025)

Im Rahmen der Ermittlungen muss auch geklärt werden, wie die Autovermietungen an ihre Luxusfahrzeuge gekommen sind. “Bei der Finanzierung der zum Betrieb der Autovermietung genutzten Fahrzeuge soll zudem Geld in Höhe von rund 205.000 Euro zum Einsatz gekommen sein, das aus bislang unbekannten Straftaten stammt”, so die Berliner Polizei in einer Pressemitteilung vom Januar 2025. Hier haben möglicherweise also auch Präventionsmechanismen bei Autohändlern versagt. (Quelle: Polizei Berlin, 07. Januar 2025)

Langfristige Strategien: Wenn Säuglinge zu Immobilienbesitzern werden

Während Finanzagenten und Autovermieter auf schnelle Geldwäsche setzen, verfolgen andere Strukturen langfristigere Strategien. Die Berliner Staatsanwaltschaft kämpft seit zehn Jahren auch gegen Geldwäsche über Immobilien. Im Oktober begann ein Verfahren um neun Objekte im Wert von über 450.000 Euro, die zwischen 2012 und 2017 erworben wurden. Das Besondere: Eigentümerin ist eine 35-jährige Frau als mutmaßliche Strohfrau – und ihr heute 12-jähriger Sohn, der erst wenige Monate alt war, als 2013 ein Objekt auf seinen Namen lief.

Der Fall ist Teil einer Serie: Im Juli 2018 wurden 77 Objekte im Wert von neun Millionen Euro vorläufig sichergestellt. Obwohl die strafrechtlichen Verfahren wegen Geldwäsche mangels ausreichender Beweise geschlossen werden mussten, laufen parallel selbstständige Einziehungsverfahren. Vor sechs Monaten wurden bereits 58 Immobilien eingezogen, das aktuelle Verfahren ist bis Februar 2026 terminiert. Die Botschaft der Staatsanwaltschaft ist klar: Auch wenn der strafrechtliche Beweis nicht immer gelingt, wird das Vermögen eingezogen. (Quelle: Märkische Allgemeine Zeitung, 10. Oktober 2025)

Auch hier stellt sich die Zusatzfrage, wie die Eintragung eines Säuglings als Eigentümer bei den involvierten Notar:innen durchgegangen sein kann. Da sich Fälle wie dieser in Berlin häufen, existiert in der Bundeshauptstadt schon seit 2020 eine eigene Task-Force, die besonders Notar:innen und Rechtsanwält:innen auf die Einhaltung ihrer Pflichten prüft. (Quelle: Berliner Senatsverwaltung, 06.10.2022)

Digitale Bedrohungen und politische Reaktionen

Parallel zur physischen Geldwäsche entwickeln sich auch die digitalen Bedrohungen weiter. Ironischerweise dieses Mal im vermeintlichen Namen einer zentralen deutschen Stelle im Kampf gegen Geldwäsche: Dem Transparenzregister.

Warnung auf IHK-Seiten

Die Industrie- und Handelskammern warnten im Oktober vor einer ausgefeilten Phishing-Welle: Täuschend echte E-Mails mit dem Betreff "Unstimmigkeitsmeldung nach § 23a GwG" fordern Unternehmen zur Korrektur von Eintragungen im Transparenzregister auf. Der Bundesanzeigerverlag stellte klar: Diese Mails sind nicht autorisiert. Ziel ist es, Passwörter zu erschleichen oder Zahlungen zu fordern. Die Nachrichten sind so professionell gestaltet, dass sie kaum zu erkennen sind. (Quelle: IHK Hanau-Gelnhausen-Schlüchtern, Oktober 2025)


Auf diese vielfältigen Herausforderungen reagiert die Politik mit unterschiedlichen Ansätzen. Bremen macht sich für eine Bundesratsinitiative stark, die das zentrale Problem der "Finanzagenten" adressiert: Bislang können diese Mittelsmänner nicht gezwungen werden, die Identität der tatsächlichen Hintermänner preiszugeben. Die geplante Gesetzesänderung soll Strafverfolgungsbehörden erweiterte Befugnisse geben, um die Aufklärungsquote zu erhöhen. (Quelle: Weser-Kurier, Oktober 2025)

Auf europäischer Ebene nahm im Oktober die Anti Money Laundering Authority (AMLA) in Frankfurt ihre Arbeit auf. Bundesfinanzminister Lars Klingbeil kündigte eine "härtere Gangart gegen Finanzkriminalität" an. Die AMLA soll die fragmentierten nationalen Aufsichtsstrukturen der 27 EU-Staaten durch eine zentrale Instanz koordinieren. Ob sie sich tatsächlich zum erhofften Wendepunkt entwickelt, wird sich zeigen müssen. (Quelle: nd-aktuell.de, 10. Oktober 2025)

Weiter
Weiter

BaFin-Aufsichtsgespräche bei KVGen: So bereiten Sie sich optimal vor