Geldwäscheprävention 2025: Ein halbes Jahr zwischen Fortschritten und Rückschlägen
Veröffentlicht: 2025-05-28
Executive Summary
Das erste Halbjahr 2025 war geprägt von ambivalenten Entwicklungen in der Geldwäschebekämpfung. Während neue EU-Behörden ihre Arbeit aufnahmen und spektakuläre Ermittlungserfolge erzielt wurden, scheiterten wichtige Reformprojekte und die Schadenssummen erreichten neue Rekordwerte.
Zentrale Erkenntnisse:
Geplantes Bundesamt für Finanzkriminalität (BBF) wurde nicht errichtet
EU-Anti-Geldwäschebehörde AMLA nahm operative Arbeit auf
Bußgelder erreichen neue Dimensionen (bis zu 600.000 € für einzelne Institute)
Bis zu 30% des schmutzigen Geldes landen in Immobilien
Jugendliche werden zunehmend als Geldwäscher missbraucht
Chronik der Ereignisse
Januar 2025: Das Ende großer Reformpläne
Das Jahr 2025 begann mit einer bitteren Enttäuschung für alle, die sich eine effektivere Geldwäschebekämpfung in Deutschland erhofft hatten. Nach dem Ende der Ampel-Koalition wurden ambitionierte Reformpläne zu den Akten gelegt.
Das Bundesfinanzministerium teilte mit, dass „es jetzt nicht zur Errichtung eines Bundesamts zur Bekämpfung von Finanzkriminalität (BBF) kommt" (regionalHeute.de, 31.01.2025). Eine von der früheren Ampel-Koalition geplante Reform für eine härtere Bekämpfung der Geldwäsche war damit vorerst gescheitert (beck-online, 24.01.2025).
Besonders bitter: Während die Politik reformmüde wurde, zeigten erste Zahlen das wahre Ausmaß des Problems. In Berlin allein verursachten kriminelle Netzwerke im Jahr 2023 57,1 Millionen Euro Schaden durch organisierte Kriminalität (Tagesspiegel, 18.01.2025).
Februar 2025: Neue Hoffnung aus Frankfurt
Während in Berlin Reformpläne scheiterten, keimte in Frankfurt Hoffnung auf. Die EU-Anti-Geldwäschebehörde (AMLA) nahm ihre Arbeit auf, mit Marcus Pleyer als einem der fünf Direktoriumsmitglieder – einem anerkannten deutschen Experten auf dem Gebiet der Geldwäschebekämpfung (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.02.2025).
Parallel verdeutlichten wöchentlich Kriminalfälle die Dimension des Problems:
Ein 39-Jähriger soll 43 Millionen Euro aus Drogengeschäften gewaschen haben (WELT online, 10.02.2025)
Ein europaweites Kokain-Transportnetzwerk generierte mindestens 2,2 Millionen Euro illegaler Einnahmen (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 04.02.2025)
Besonders alarmierend: Die Polizei und Justiz in Deutschland stehen beim Umgang mit Kryptowährungen „noch ganz am Anfang". Es gibt noch nicht einmal Dienstanweisungen dazu, wie Kryptowerte gesichert und verwahrt werden müssen (WELT online, 22.02.2025).
BaFin verschärft Krypto-Überwachung
Als direkte Antwort auf diese Herausforderungen ergänzte die BaFin im März 2025 ihre Auslegungs- und Anwendungshinweise zum Geldwäschegesetz, insbesondere mit verstärkten Sorgfaltspflichten bei Kryptowertetransfers von oder zu selbst gehosteten Adressen. Diese Maßnahme war die Umsetzung des Finanzmarktdigitalisierungsgesetzes vom 27. Dezember 2024 (BaFin-Meldung, 06.03.2025).
März 2025: Technologie im Kampf gegen das Verbrechen
Im März wurde deutlich, wie sehr die Behörden auf Unterstützung und das Wissen der Verpflichteten angewiesen sind. Die FIU-Verdachtsmeldungen gingen das zweite Jahr in Folge zurück – von 322.590 Fällen 2023 auf rund 265.000 in 2024, ein Rückgang von fast 18 Prozent (Handelsblatt Online, 20.03.2025).
Ein Grund für diese Entwicklung: Die FIU selbst geht vermehrt in den Austausch mit Verpflichteten und gibt neuerdings auch Negativ-Typologien aus. Hierdurch soll die Qualität von Meldungen gesteigert werden.
Gleichzeitig erzielten die Behörden beeindruckende Erfolge:
31 Millionen Euro Vermögensabschöpfung allein in Schleswig-Holstein (Kieler Nachrichten, 20.03.2025)
Die Aufdeckung einer „Ndrangheta"-Verbindung in Thüringen (MDR, 06.03.2025)
Erfolge gegen illegale Glücksspiele mit 300 Beamten an 30 Standorten (Rheinische Post, 11.03.2025)
April 2025: Neue Strukturen entstehen
Der April brachte wichtige strukturelle Veränderungen. Bayern gründete die „Zentralstelle Geldwäschebekämpfung und Vermögensabschöpfung (ZGV)" und konnte bereits spektakuläre Erfolge vermelden – darunter die Beschlagnahme eines Bugatti Veyron Grand Sport Vitesse im Wert von drei Millionen Euro (Münchner Merkur, 10.04.2025).
Nordrhein-Westfalen etablierte sich als Vorreiter: Das neue Landesamt zur Bekämpfung der Finanzkriminalität (LBF NRW) führte bereits erfolgreiche internationale Kooperationen durch und deckte Spuren zu Steuerhinterziehern in Briefkastenfirmen auf (Kölnische Rundschau, 14.04.2025).
BaFin definiert Hochrisikostaaten neu
Am 15. April 2025 veröffentlichte die BaFin das Rundschreiben 07/2025 (GW) zu Hochrisikostaaten – Staaten, die in ihren Systemen Mängel zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung aufweisen (BaFin, 15.04.2025). Besonders im Fokus stehen dabei Umgehungsgeschäfte mit Iran-Bezug.
Mai 2025: Geldwäsche beeinflusst Immobilienpreise
Eine Studie der Universität Trier zu Immobilien-Geldwäsche offenbarte erschreckende Zahlen: Knapp 24.000 Verdachtsmeldungen von Notaren und Immobilienmaklern standen für Transaktionen im Gesamtvolumen von etwa 4,3 Milliarden Euro (Süddeutsche Zeitung Online, 19.03.2025).
Die Forscher kommen zu einem alarmierenden Schluss: „Bis zu 30 Prozent des schmutzigen Geldes landet in Immobilien", was die Immobilienpreise gerade in Großstädten in die Höhe treibt.
Bußgeldbescheide 2025: Die neue Härte der Aufsicht
Die Umsetzung der verschärften Geldwäscheprävention zeigt sich konkret in den Bußgeldbescheiden der Aufsichtsbehörden. Nach § 57 GwG müssen bestandskräftige Maßnahmen und unanfechtbare Bußgeldentscheidungen öffentlich bekannt gemacht werden. Die Entwicklung zeigt einen klaren Trend zu härteren Sanktionen:
Finanzsektor: Systematische Mängel werden teuer
Januar 2025: Die BaFin verhängte 30 Bußgelder in Höhe von insgesamt 600.000 Euro (je 20.000 Euro pro Verstoß) gegen eine Bank wegen Verstößen gegen das Geldwäschegesetz und das Kreditwesengesetz (BaFin, 23.01.2025).
März 2025: Zahlungsdienstleistungsunternehmen: Die BaFin verhängte ein Bußgeld in Höhe von 25.000 Euro wegen fehlender angemessener Datenverarbeitungssysteme (BaFin, 06.03.2025).
April 2025: Bußgeld in Höhe von 30.000 Euro wegen Mängeln in der Geldwäscheprävention. Das Zahlungsdienstleistungsunternehmen verfügte nicht über angemessene EDV-Systeme zur Identifizierung zweifelhafte Transaktionen (BaFin, 03.04.2025).
Nicht-Finanzsektor: Umfangreiche Bekanntmachungen nach § 57 GwG
Aktuelle Fälle 2025 (Beispielhafter Ausschnitt):
Bußgeld in Höhe von EUR 7.500,00 wegen Verletzung der Pflicht gegenüber der Aufsichtsbehörde mitzuwirken (Rechtsanwaltskammer Sachsen, 13.01.2025)
Bußgeld in Höhe von 700,00 € und 700,00 € wegen Verletzung der Pflicht zur Risikoanalyse-Dokumentation und verspäteter Auskunftserteilung (RAK Oldenburg, 18.02.2025)
Verstoß gegen Risiko- und Sorgfaltspflichten: Bußgeld i.H.v. 13.800 € (28.03.2025) (Niederbayern)
Verstoß gegen Risiko- und Sorgfaltspflichten: Bußgeld i.H.v. 7.212,50 € (14.01.2025) (Niederbayern)
Verstoß gegen Sorgfaltspflichten: Bußgeld i.H.v. 5.250 € (21.03.2025) (Niederbayern)
Güterhandel: Bußgeld i.H.v. 1.250,00 € wegen Verstoß gegen Sorgfaltspflichten (11.03.2025) (Berlin)
Erkenntnisse aus den Bußgeldbescheiden
1. Risikoanalyse bleibt Achillesferse: Besonders bei freien Berufen (Steuerberater, Rechtsanwälte) sind Mängel bei der Erstellung und Dokumentation der Risikoanalyse nach § 5 GwG die häufigste Bußgeldursache.
2. IT-Systeme unter der Lupe: Zahlungsdienstleister und Fintech-Unternehmen werden zunehmend wegen unzureichender Transaktionsüberwachungssysteme sanktioniert.
3. Qualität vor Quantität: Auch substanzlose oder verspätete Verdachtsmeldungen führen zu empfindlichen Strafen – die BaFin achtet verstärkt auf die Meldequalität.
4. Güterhändler werden verstärkt kontrolliert: Die Regierungspräsidien als Aufsichtsbehörden verhängen zunehmend Bußgelder gegen Händler, die ihre Pflichten bei Bargeschäften ab 2.000 Euro (Edelmetalle) bzw. 10.000 Euro (sonstige Güter) nicht erfüllen.
Die internationale Dimension
Parallel zu den nationalen Entwicklungen zeigte sich die globale Vernetzung der Geldwäsche:
Nordkoreas Lazarus Group wusch erfolgreich Ethereum-Erlöse aus Cyber-Angriffen (Bitcoin News, 04.03.2025)
Die OKX-Börse bekannte sich schuldig und zahlte über 504 Millionen US-Dollar Strafe (Kryptopolitan, 25.02.2025)
Europol zerschlug ein kriminelles Netzwerk, das über 21 Millionen Euro bewegte
Terrorismusfinanzierung rückt in den Fokus
Die BaFin betont in ihren neuen Auslegungsanweisungen, dass bei der Risikoanalyse die Risikofaktoren im Hinblick auf Geldwäsche einerseits und Terrorismusfinanzierung andererseits getrennt voneinander betrachtet, ermittelt und dokumentiert werden sollen.
Besonders relevant: Die Financial Action Task Force hat in einem Bericht aus dem Jahr 2023 auf die Risiken des Missbrauchs von Crowdfunding-Diensten zu Zwecken der Terrorismusfinanzierung hingewiesen. Dies führt dazu, dass ab 2027 auch Crowdfunding-Provider unter die Geldwäscheverordnung fallen.
Das Bundesministerium des Innern stellte in seiner sektoralen Risikoanalyse fest, dass bei der Terrorismusfinanzierung durch Non-Profit-Organisationen zwischen zwei Kategorien unterschieden werden muss: dem Missbrauch einer echten Non-Profit-Organisation und dem gezielten Einsatz einer vermeintlichen Non-Profit-Organisation zum Zwecke der Terrorismusfinanzierung (WPK, 2022).
Beunruhigender Trend: Jugendliche als Geldwäscher
Ein besonders beunruhigender Trend: Jugendliche werden zunehmend als Geldwäscher missbraucht. In der Aachener Region sind 14- bis 17-jährige Schüler:innen betroffen, die über Instagram, Spieleplattformen oder gezielte Ansprache rekrutiert werden (Aachener Zeitung, 14.02.2025).
Zentrale Erkenntnisse
1. Die Regulierung wird schärfer
Ab dem 10. Juli 2027 gilt die EU-Geldwäscheverordnung unmittelbar in allen Mitgliedstaaten mit einer Bargeldobergrenze von 10.000 Euro für gewerbliche Transaktionen und einem vollständigen Verbot anonymer Krypto-Konten.
2. Die Kontrolldichte steigt
Neue Behördenstrukturen und Analyseverfahren führen zu gezielteren und effektiveren Prüfungen. Besonders deutlich wird dies an Bußgeldern wie den 600.000 Euro gegen ein Kreditinstitut wegen systematischer Meldefehler.
3. Neue Risikobereiche entstehen
Die Immobilienstudie zeigt erstmals empirisch den direkten Zusammenhang zwischen Geldwäsche und steigenden Immobilienpreisen – eine zehnprozentige Reduzierung der Geldwäsche könnte die Immobilienpreise um 1,9 Prozent senken.
4. Terrorismusfinanzierung wird eigenständiges Thema
Verpflichtete müssen künftig getrennte Risikoanalysen für Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung durchführen und dabei auch legale Finanzierungsquellen des Terrorismus berücksichtigen.
Praktische Handlungsfelder
Risikoanalyse modernisieren
Neue Risikobereiche wie Crowdfunding-Plattformen und Non-Profit-Organisationen müssen in die Bewertung einfließen. Besonders wichtig: Die getrennte Analyse von Geldwäsche- und Terrorismusfinanzierungsrisiken (BaFin AuA, März 2025).
Krypto-Compliance stärken
Die neuen BaFin-Vorgaben zu Kryptowertetransfers von und zu selbst gehosteten Adressen erfordern verstärkte Sorgfaltspflichten. Die ab 30.12.2024 geltende Geldtransferverordnung (EU) 2023/1113 verschärft zusätzlich die Travel-Rule für Kryptowerte.
Datenmanagement professionalisieren
Die zunehmend datengetriebene Aufsicht erfordert bessere Datenqualität und -verfügbarkeit für regulatorische Abfragen. Institute sollten ihre Systeme schon jetzt auf die AMLA-Anforderungen vorbereiten.
Meldequalität optimieren
Angesichts der hohen Bußgelder für verspätete oder unvollständige Meldungen ist die Automation der Verdachtsmeldeverfahren ein kritischer Erfolgsfaktor.
Compliance für Güterhändler
Güterhändler müssen besonders bei Barzahlungen ab 2.000 Euro für Edelmetalle und ab 10.000 Euro für sonstige Güter ihre Sorgfaltspflichten erfüllen. Die Aufsichtsbehörden kontrollieren verstärkt die Einhaltung der Dokumentations- und Identifizierungspflichten.
Ausblick: Was kommt auf uns zu?
Der Bundesrechnungshof kritisiert bereits heute, dass ein Verpflichteter in Deutschland „durchschnittlich nur höchstens alle 200 Jahre mit einer Vor-Ort-Prüfung rechnen müsse" (Süddeutsche Zeitung Online, 19.03.2025). Das ändert sich schon heute - und mit der EU-AML-Verordnung ab 2027 wohl noch rasanter.
Mit der neuen AMLA-Behörde, die bis 2028 auf 432 Angestellte anwachsen soll, und verstärkten nationalen Strukturen steigt der Kontrolldruck erheblich.
Zentralisierung und Digitalisierung als Schlüssel zum Erfolg
Angesichts der steigenden Komplexität und Kontrolldichte wird Zentralisierung und Digitalisierung zum entscheidenden Wettbewerbsvorteil:
Digitale Risikoanalysen können kontinuierlich neue Risikofaktoren integrieren und die geforderte Trennung zwischen Geldwäsche- und Terrorismusfinanzierungsrisiken sicherstellen - unterstützt von Expert:innen
Professionelle Transaktionsüberwachung reduziert falsch-positive Meldungen und verbessert die Meldequalität
Sanktions-Monitorings minimieren das Risiko von Umgehungsgeschäften
Die Botschaft ist klar
Europa will Geldwäschern den Hahn zudrehen - und die Wirtschaft soll dabei helfen. Wer sich nicht rechtzeitig vorbereitet, riskiert nicht nur hohe Bußgelder, sondern auch Reputationsschäden und Geschäftseinschränkungen.
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