Präventionsmaßnahmen gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung

Veröffentlicht: 2025-05-21

Risikoanalyse und Unterscheidungsmerkmale

Compliance-Anforderungen: Differenzierte Bewertung von Geldwäsche- und Terrorismusfinanzierungsrisiken

Der regulatorische Rahmen nach § 4 Abs. 1 GwG verpflichtet Unternehmen zur Implementierung eines wirksamen Risikomanagements – mit explizitem Fokus auf die getrennte Betrachtung von Geldwäsche- und Terrorismusfinanzierungsrisiken. Wie aktuelle BaFin-Auswertungen zeigen, bestehen hier erhebliche Umsetzungsdefizite in der Praxis.

Rechtliche Anforderungen und regulatorische Entwicklungen

Ein angemessenes Risikomanagement nach dem Geldwäschegesetz umfasst zwingend eine fundierte Risikoanalyse und darauf abgestimmte interne Sicherungsmaßnahmen. Unternehmen sind verpflichtet, spezifische Risiken in beiden Bereichen – Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung – systematisch zu identifizieren, zu bewerten und zu dokumentieren. Aufgrund unterschiedlicher Risikoprofile und Methoden verlangt dies ein differenziertes Vorgehen, das viele Verpflichtete vor erhebliche Herausforderungen stellt.

Die Erfahrungen der Finanzaufsicht BaFin aus Sonderprüfungen belegen: Die differenzierte Betrachtung unternehmensspezifischer Risiken erfolgt häufig unzureichend. Besonders die Terrorismusfinanzierungsrisiken werden in der Praxis oft nur oberflächlich betrachtet oder vollständig vernachlässigt. Die aktuellen Auslegungs- und Anwendungshinweise unterstreichen daher explizit die Notwendigkeit einer separaten Analyse beider Risikoarten.

Charakteristische Unterschiede und 3-Phasen-Modelle

Für eine erfolgreiche Differenzierung ist ein tiefes Verständnis der spezifischen Merkmale und Begehungsmuster beider Phänomene unerlässlich. Die klassischen 3-Phasen-Modelle verdeutlichen bereits grundlegende strukturelle Unterschiede:

Geldwäsche: 3-Phasen-Modell
1 Placement
Einbringung von illegalem Geld in den legalen Wirtschaftskreislauf
2 Layering
Verschleierung der illegalen Herkunft des Geldes durch komplexe Transaktionsketten
3 Integration
Verwendung/Investition des gewaschenen Geldes im legalen Wirtschaftskreislauf
Terrorismusfinanzierung: 3-Phasen-Modell
1 Raising
Aufbringen von Finanzmitteln für terroristische Zwecke
2 Moving
Transfer und Verwahrung der Finanzmittel bis zum Einsatz
3 Using
Verwendung der Mittel für terroristische Zwecke

Strukturierte Unterscheidungskriterien im Überblick

Für ein systematisches Verständnis der Unterschiede zwischen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung sind folgende Kriterien entscheidend:

Kriterium Geldwäsche Terrorismusfinanzierung
Ziel Illegale Vermögenswerte in den legalen Wirtschaftskreislauf einschleusen und ihren kriminellen Ursprung verschleiern Bereitstellung finanzieller Mittel für terroristische Aktivitäten, unabhängig von deren Herkunft
Herkunft der Mittel Ausschließlich illegale Quellen (Drogenhandel, Betrug, Korruption etc.) Sowohl legale als auch illegale Quellen (Spenden, reguläre Einkünfte, kriminelle Aktivitäten)
Transaktionsvolumen Überwiegend hohe Beträge Häufig kleine bis mittlere Beträge
Transaktionsstruktur Vielschichtige, komplexe Konstruktionen mit zahlreichen Zwischenstationen Tendenziell direktere Zahlungsströme, oft bewusst vereinfachte Strukturen
Empfänger Offshore-Konten, Scheinfirmen, Sachwertinvestitionen Personen, Organisationen oder Gruppierungen in Krisengebieten, NGOs mit unklaren Zielen
Geografische Schwerpunkte Steueroasen, Jurisdiktionen mit schwachen Aufsichtssystemen oder starkem Bankgeheimnis Konfliktgebiete, Hochrisikoländer bzgl. Terrorismus, angrenzende Regionen
Typische Indikatoren Umfangreiche Bargeldoperationen, ungewöhnliche Investitionen, undurchsichtige Geschäftstätigkeit, komplexe Unternehmensstrukturen Zahlreiche kleinere Überweisungen, Spenden an unbekannte Organisationen, Privatüberweisungen in Risikogebiete

GW = Geldwäsche | TF = Terrorismusfinanzierung

Ziel
GW
Illegale Vermögenswerte in den legalen Wirtschaftskreislauf einschleusen und ihren kriminellen Ursprung verschleiern
TF
Bereitstellung finanzieller Mittel für terroristische Aktivitäten, unabhängig von deren Herkunft
Herkunft der Mittel
GW
Ausschließlich illegale Quellen (Drogenhandel, Betrug, Korruption etc.)
TF
Sowohl legale als auch illegale Quellen (Spenden, reguläre Einkünfte, kriminelle Aktivitäten)
Transaktionsvolumen
GW
Überwiegend hohe Beträge
TF
Häufig kleine bis mittlere Beträge
Transaktionsstruktur
GW
Vielschichtige, komplexe Konstruktionen mit zahlreichen Zwischenstationen
TF
Tendenziell direktere Zahlungsströme, oft bewusst vereinfachte Strukturen
Zielempfänger
GW
Offshore-Konten, Scheinfirmen, Sachwertinvestitionen
TF
Personen, Organisationen oder Gruppierungen in Krisengebieten, NGOs mit unklaren Zielen
Geografische Schwerpunkte
GW
Steueroasen, Jurisdiktionen mit schwachen Aufsichtssystemen oder starkem Bankgeheimnis
TF
Konfliktgebiete, Hochrisikoländer bzgl. Terrorismus, angrenzende Regionen
Typische Indikatoren
GW
Umfangreiche Bargeldoperationen, ungewöhnliche Investitionen, undurchsichtige Geschäftstätigkeit, komplexe Unternehmensstrukturen
TF
Zahlreiche kleinere Überweisungen, Spenden an unbekannte Organisationen, Privatüberweisungen in Risikogebiete

Spezifische Risikofaktoren in der praktischen Bewertung

Ein effektives Risikomanagement erfordert die frühzeitige Identifikation und korrekte Bewertung typischer Risikoindikatoren. Die folgenden Beispiele verdeutlichen charakteristische Risikofaktoren und ihre unterschiedliche Bedeutung für Geldwäsche bzw. Terrorismusfinanzierung:

Kundenrisiko: PeP-Status
Hoch
Erhöhte Korruptions- und Bestechungsanfälligkeit
Gering
Typischerweise keine direkte Verbindung zu Terrorismusfinanzierung
Kundenrisiko: Gemeinnützige Organisation mit unklarer Mittelverwendung
Mittel
Intransparenz kann zur Verschleierung von Herkunft und Verwendung finanzieller Mittel genutzt werden
Hoch
Häufig genutzte Tarnstruktur zur Finanzierung terroristischer Aktivitäten
Transaktionsrisiko: Regelmäßige Bargeldeinzahlungen
Hoch
Ungeklärte Mittelherkunft, potenziell illegaler Ursprung
Gering
TF-Risiko erst bei Weiterleitung relevant, benötigt verstärktes Monitoring
Transaktionsrisiko: Kleinere, wiederkehrende Zahlungen in Hochrisikogebiete
Mittel
Strukturierung möglich, jedoch nicht zwangsläufig auffällig
Hoch
Typisches Muster zur Finanzierung terroristischer Aktivitäten
Geografisches Risiko: Kunde mit Sitz in Offshore-Jurisdiktion
Hoch
Ausgeprägte Intransparenz, typische Verschleierungsstrukturen
Gering
Kein charakteristisches Zielgebiet für Terrorismusfinanzierung
Geografisches Risiko: Zahlungen in Konfliktregionen
Mittel
Eingeschränkte Transparenz, Geldwäscherisiko gegeben
Hoch
Erhebliches Risiko der Unterstützung terroristischer Vereinigungen
Produktrisiko: Internationale Zahlungen
Hoch
Falls Zielland Hochrisikoland für Geldwäsche
Hoch
Falls Zielland oder Zielregion (angrenzende Regionen) Hochrisikoland für Terrorismusfinanzierung
Produktrisiko: "Trade in Finance" - Außenhandelsfinanzierung
Mittel
Aufgrund der Komplexität häufig Unklarheiten über Geschäftspartner:innen, Transaktionen, Lieferketten
Hoch
Umgehungsgeschäfte möglich (Verschleierung von Sanktionsumgehung), ähnliche Risiken zu Geldwäsche

Handlungsempfehlungen für die Compliance-Praxis

Die von der BaFin geforderte getrennte Betrachtung von Geldwäsche- und Terrorismusfinanzierungsrisiken ist nicht nur regulatorisch vorgegeben, sondern auch fachlich unverzichtbar – sowohl für die Risikoanalyse als auch für die Konzeption wirksamer Präventionsmaßnahmen. Die grundverschiedenen Zielsetzungen, charakteristischen Muster und erforderlichen Kontrollansätze beider Risikoarten machen ein differenziertes Vorgehen unerlässlich.

Für eine praxisgerechte Umsetzung empfehlen wir konkret:

  • Systematische Überarbeitung bestehender Risikoanalysen mit expliziter Differenzierung beider Risikokategorien
  • Nutzung des FIU-Typologiepapiers als Orientierungshilfe für konkrete Erkennungsmerkmale der Terrorismusfinanzierung
  • Entwicklung risikoorientierter Kontrollverfahren und Monitoring-Ansätze, die den spezifischen Charakteristika der jeweiligen Risikoart gerecht werden
  • Fachlichen Austausch und Einbindung externer Expertise zur Schließung identifizierter Umsetzungslücken

Angesichts steigender regulatorischer Anforderungen – auch seitens der Wirtschaftsprüfer – sollten Verpflichtete ihre Anstrengungen zur Terrorismusfinanzierungsprävention gezielt intensivieren. Mit unserer praxiserprobten Methodik unterstützen wir Sie bei der Entwicklung eines umfassenden, differenzierten und aufsichtskonformen Risikomanagements.

Nelli Siebert consalty-logo

Nelli Siebert, consalty 9091 GmbH

Expertin für Compliance & Payment

Verfügt über umfassende Erfahrungen im Projektmanagement sowie der Gestaltung von B2B-Marktplatz- und Paymentsprozessen. Darüber hinaus besitzt sie fundierte Kenntnisse in regulatorischen Anforderungen, insbesondere im Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz und im Geldwäschegesetz.

Ihre Leidenschaft ist es, komplexe regulatorische Anforderungen in effiziente und praxisnahe Prozesse zu transformieren.

Fabian Müller

Fabian Müller, Kerberos Comppliance

Manager Compliance

Fabian Müller ist Manager Compliance bei Kerberos Compliance. Als externer Geldwäschebeauftragter steht er Finanzdienstleistern und Zahlungsinstituten bei Fragen zur Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zur Seite und ist unter anderem für die Erstellung der Risikoanalyse, die Entwicklung interner Grundsätze und die Kommunikation mit Aufsichtsbehörde und Prüfern zuständig.

Neben der Übernahme der GwB-Funktion unterstützt Kerberos Compliance Verpflichtete aus allen Sektoren ganzheitlich bei der Umsetzung ihrer gesetzlichen Verpflichtungen.

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