“Die Aufsicht wird nicht lockerer werden, im Gegenteil”
Veröffentlicht: 2025-12-18
Wir haben mit Frank Lässig, Manager Compliance und Geldwäschebeauftragter bei Kerberos, über die Ergebnisse des Tätigkeitsberichts der Geldwäsche-Aufsicht in Schleswig-Holstein gesprochen. Was die Ergebnisse für Verpflichtete bedeuten.
Frank, die Bußgelder steigen deutlich. Überrascht dich diese Entwicklung?
Nein, das war absehbar. Die Aufsichtsbehörden haben ihre personellen Kapazitäten und Kompetenzen in den letzten Jahren deutlich aufgestockt. Schleswig-Holstein beschäftigt jetzt 4,75 Vollzeitstellen in der Geldwäscheaufsicht. Das klingt nach wenig, aber bundesweit summiert sich das auf eine erhebliche Prüfkapazität. Die Behörden prüfen nicht nur häufiger, sondern auch gezielter. Zudem hat gerade Schleswig-Holstein mit der Gründung der Task Force Geldwäschebekämpfung einen klaren Fokus gesetzt.
Der häufigste Verstoß betrifft den Paragraph 10 GwG – die Anwendung der allgemeinen Sorgfaltspflichten im Speziellen bei Bargeschäften im Güterhandel. Warum haben so viele Händler hier Probleme?
Diese Regelung ist eigentlich nicht neu und wurde bereits 2023 eingeführt worden. Leider ist vielen Händlern nicht bewusst, was "allgemeine Sorgfaltspflichten" konkret bedeuten. Es reicht nicht, sich nur den Ausweis anzuschauen. Man muss zusätzliche Informationen einholen, wie zum Beispiel die Frage nach der PeP Eigenschaft des Kunden sowie die Überprüfung der gesammelten Daten und dann ist das Ganze auch noch lückenlos zu dokumentieren. Viele denken: "Ich habe den Ausweis gesehen, das reicht doch." – Aber das reicht leider nicht.
Im Bericht fällt auf, dass bei Immobilienmaklern das Risikomanagement oft fehlt. Warum ist das so?
Viele Immobilienmakler sehen sich nicht als Angehörige einer Hochrisiko-Branche. Vielleicht denken einige sogar: "Ich vermittle nur, das Geld fließt nicht über mich." oder „Ich kenne den/die doch, der oder die ist doch eine gute Person“ aber genau hier liegt das Problem. Natürlich ist es richtig, dass der Immobilienmakler nicht direkten Einfluss auf die Transaktion hat, aber er ist abgesehen vom Notar den Käufer bzw. Verkäufer an nächsten und kann zum Beispiel das Verhalten einschätzen.
Der Immobiliensektor ist einer der klassischen Geldwäsche-Bereiche, das untermauerte auch eine Studie der Uni Trier. In dieser wurde festgestellt, dass inkriminierte Gelder, einen Einfluss auf die Preise der Immobilien in Metropolen haben.
Auch ist vielen nicht bewusst, wie umfangreich das Risikomanagement gem. Geldwäschegesetz ist, wenn man auch nur den Minimalanforderungen gerecht werden muss.
Daher kann ich nur sagen, wer keine Risikoanalyse macht, kann auch keine risikobasierten Maßnahmen treffen und das merkt die Aufsicht sofort.
Du siehst täglich, wie Unternehmen mit diesen Anforderungen kämpfen. Was sind die größten Stolpersteine?
Drei Dinge sehe ich immer wieder:
Erstens, Unternehmen unterschätzen den Zeitaufwand. Geldwäscheprävention ist keine Checkbox, die man einmal abhakt oder die man eben mal schnell fertig macht. Es ist ein kontinuierlicher Prozess.
Zweitens, die Dokumentation wird vernachlässigt. Was nicht dokumentiert ist, ist aus Sicht der Aufsicht nicht passiert.
Und drittens: Viele versuchen alles selbst zu machen, obwohl die Materie mittlerweile sehr umfangreich und komplex ist und noch komplexer wird. Das spart am falschen Ende. Am Ende sitzt man dann doch Stunden lang an einer Risikoanalyse, weil man gar nicht genau weiß, wie das funktioniert.
Hier möchte ich auch darauf aufmerksam machen, dass KI vieles kann aber gerade im Bereich der Geldwäscheprävention doch sehr große Defizite aufweist. Daher kann ChatGPT oder Claude hier einen eher Probleme bereiten, wenn falsche Paragraphen oder sogar nicht existente Gesetze zitiert werden.
Der Bericht zeigt auch einen Anstieg beim Paragraph 130 OWiG – der Verletzung der Aufsichtspflicht durch die Geschäftsführung. Was bedeutet das?
Das ist ein wichtiges Signal. Die Aufsicht macht klar: Compliance ist Chefsache. Die Geschäftsführung oder der Vorstand können sich nicht darauf berufen, dass ein Mitarbeiter einen Fehler gemacht hat und Sie damit exkulpiert sind. Wir haben ja bereits besprochen, dass es sich meistens auch als systemischer Fehler darstellt und hier können die Verantwortlichen sich nicht rausreden.
Sie müssen sicherstellen, dass die Systeme funktionieren. Wir sehen hier eine klare Tendenz die Geschäftsleitung in die Verantwortung zu nehmen und dass kann dann auch sehr gut mit einem Bußgeld enden. Das sollte jeder Unternehmer ernst nehmen.
Was rätst du Unternehmen, die bisher wenig für ihre Compliance getan haben?
Jetzt ist der Zeitpunkt zu handeln. Wer bis jetzt noch nichts getan hat, dem sollten die Zahlen ein Zeichen sein. Die Aufsicht wird nicht lockerer werden, im Gegenteil.
Mein Rat: Machen Sie eine ehrliche Bestandsaufnahme. Wo stehen wir wirklich? Haben wir eine aktuelle Risikoanalyse? Sind unsere Mitarbeiter geschult? Funktioniert unsere Dokumentation? Und dann: Holen Sie sich Hilfe. Sie müssen kein Experte in der Geldwäscheprävention werden, dafür gibt es zum Beispiel Kerberos Compliance. Externe Geldwäschebeauftragte können hier eine wirtschaftliche und rechtssichere Lösung sein. Nutzen Sie Ihre Fähigkeiten zielgerichtet und machen Sie das wofür Sie Ihr Unternehmen gegründet haben und überlassen Sie diese aufwendige und umfangreiche Arbeit den Profis für dieses Themengebiet.
Abschließend: Worauf sollten Unternehmen 2026 besonders achten?
Drei Dinge:
Erstens, die Sorgfaltspflichten ernst nehmen. Gerade mit Blick auf das Bar-Geschäft aber auch bei bargeldlosen Transaktionen wird es gerade mit dem Sanktionsmanagement immer wichtiger, am Ball zu bleiben.
Die Aufsichten werden nicht lockerlassen, gerade weil Deutschland immer noch als Geldwäscheparadies gilt.
Zweitens, die Dokumentation in den Griff bekommen. Der Satz was nicht dokumentiert wurde, wurde nicht gemacht. Kann hier ein guter Merksatz sein. Digitale Lösungen helfen hier enorm.
Und drittens: Die EU-AML-Verordnung kommt 2027. Die bringt nochmal deutlich komplexere Anforderungen, besonders bei der Identifizierung wirtschaftlich Berechtigter. Wer jetzt die Grundlagen legt, ist besser vorbereitet.

