Jahresrückblick und Jahresausblick - Geldwäscheprävention 2025-2027

Veröffentlicht: 2025-12-19

Expert:innen von Kerberos Compliance im Gespräch über steigende Anforderungen, die EU-AML-Verordnung und praktische Herausforderungen

Die Geldwäscheprävention in Deutschland steht vor grundlegenden Veränderungen. In einem knapp einstündigen Webinar diskutierten vier Expert:innen von Kerberos Compliance die aktuellen Entwicklungen und wagten einen Ausblick auf die kommenden Jahre. Das zentrale Fazit: Der Druck auf Verpflichtete steigt, die Anforderungen werden komplexer – aber mit der richtigen Vorbereitung sind die Herausforderungen zu meistern.

Die Diskussionsteilnehmer:innen: Maren Adam (BaFin-regulierte Finanzkunden, stellv. Vorsitzende BVGB), Thomas Manzey (Leasing, Factoring, Finanzdienstleistungen), Florian Peters (Kapitalverwaltungsgesellschaften) und Frank Lässig (Güterhändler, Immobilienmakler). Moderiert von Otis Benning (Marketing).

Rückblick 2024: Der Druck steigt

Aufsichten verschärfen die Kontrollen

Frank Lässig präsentierte eindrucksvolle Zahlen: In Schleswig-Holstein stiegen die Vor-Ort-Prüfungen von 50 (2023) auf 71 (2024). Die verhängten Bußgelder verdoppelten sich nahezu auf 231.000 Euro. Seine klare Analyse: „Die Aufsichten werden die Prüfungen nicht weniger werden lassen. Es wird immer mehr. Das sehen wir eigentlich seit 2022." Besonders betroffen: Immobilienmakler, die bisher wenig Berührungspunkte mit Aufsichten hatten, bekommen zunehmend Post von den Behörden.

Florian Peters berichtete von einer deutlichen Zunahme der BaFin-Aufsichtsgespräche bei Kapitalverwaltungsgesellschaften seit 2024. Die BaFin will verstehen, wie Investoren geprüft werden und ob Compliance wirklich gelebt wird oder nur ein Buzzword ist – gerade bei KVGen, die oft externe Dienstleister einsetzen und damit längere Informationsketten haben.

Thomas Manzey beobachtet eine fundamentale Veränderung bei Wirtschaftsprüfungen: „Die Anforderungen sind wesentlich höher geworden." Die BaFin hat Druck auf die großen Prüfungsgesellschaften ausgeübt, die nun wesentlich mehr Fokus auf die Qualität einzelner Unterlagen legen. Mittlerweile gibt es Top-Teams, die quasi beruflich Geldwäsche-Compliance machen. „Die sind schon sehr anstrengend, weil sie wirklich gut sind."

Ausblick 2025-2027: Die EU-AML-Verordnung

AMLR: Große Veränderungen ab 2027

Maren Adam macht die Dimension deutlich: Die EU-AML-Verordnung (AMLR) bringt ab 2027 große Veränderungen bei Kundensorgfaltspflichten, wirtschaftlich Berechtigten und Meldepflichten. Ein Problem: „Die Verordnung ist sehr stark am Finanzsektor ausgerichtet. Ich will sogar fast sagen an der Bankenwelt ausgerichtet. Und für viele Geschäftsmodelle dürfte es schwierig werden."

Zur Rechtssicherheit: Die BaFin-Auslegungshinweise gelten ab Inkrafttreten nicht mehr, es ist unklar, was stattdessen gilt. Die Regulatory Technical Standards liegen nur als Draft vor. Maren Adam befürchtet: „Nach allem, was wir hören, werden finale Versionen vor Inkrafttreten wohl auch nicht kommen." Die Konsequenz: „Man hat wohl einen sehr kurzen Moment, in dem man dann erfährt, wie man es umzusetzen hat."

Die Stimmung bei Verpflichteten? Maren Adam: „Ich habe noch keinen getroffen, der sich freut, was uns 2027 ereilen wird." Alle sind aufgeregt, aber motiviert. Große Unternehmen halten bereits Ressourcen vor, um IT-Systeme anzupassen. Das Problem: So viel ist unklar.

Branchenspezifische Herausforderungen

Güterhändler: Frank Lässig berichtet von Unsicherheiten bei Autohäusern. Viele hoffen, dass sie bei über 250.000 Euro Fahrzeugwert theoretisch rausfallen. Allerdings ist unklar: Ist das Netto- oder Grundpreis? Zudem könnte Deutschland bei der Umsetzung der 6. Richtlinie den verpflichteten Kreis erweitern. Frank Lässig: „Da ist ein sehr großes Interesse daran, KFZ-Händler wieder mit aufzunehmen." Für Edelmetallhändler bleibt die Verpflichtung bestehen.

Das größere Problem: Die EU-Verordnung macht keine Ausnahmen wie das deutsche GwG. „Hier ist der Aufwand, den auch kleiner Güterhändler, Immobilienmakler machen müssen, viel, viel höher geworden", so Frank Lässig, der auch einen deutlichen Anstieg der Aufsichtstätigkeiten im Immobiliensektor beobachtet.

Wirtschaftlich Berechtigte: Thomas Manzey erklärt die Herausforderung: Es gibt drei Prüfungsschemata, nach denen man den wirtschaftlich Berechtigten feststellen muss. „Das zu automatisieren ist halt nicht ganz so einfach", besonders in älteren Systemen. Seine Empfehlung: „Mein Rat ist, gerade wenn man ältere Systeme hat, sollte man sich frühzeitig damit auseinandersetzen und jetzt schon beginnen. Der UBO-Bereich ist von einer sehr großen Änderung betroffen."

Banken: Maren Adam berichtet: Man stellt sich auf das Worst-Case-Szenario ein – dass zum Juli 27 der Kundenbestand aktualisiert sein muss, inklusive Neuberechnung des wirtschaftlich Berechtigten. Alle hoffen auf Übergangsfristen (Hochrisikokunden zuerst, dann mittlere Risiko-Kunden), aber konkrete Veröffentlichungen fehlen. Stand jetzt müssen auch große Banken IT-Systeme aufrüsten, deswegen werden große IT-Projekte aufgesetzt.

Bargeldobergrenze: Maren Adam zur Meldepflicht: Banken dürfen Einzahlungen über 10.000 Euro weiterhin entgegennehmen, müssen diese aber melden. Problem: Regelmäßige Einzahler wie Supermärkte sind davon nicht ausgenommen. „Vielleicht hat man die vergessen, weil das kann eigentlich nicht so richtig im Sinne des Erfinders sein."

Positive Entwicklungen

Frank Lässig sieht trotz allem Fortschritte: „Es ist schon ein positives Zeichen, dass die Aufsichten mehr machen und viel mehr Expertise mitbringen." Vor 2022 war die Wahrscheinlichkeit einer Prüfung im dreistelligen Jahresbereich – kein Verpflichteter hatte Angst vor der Aufsicht. „Ich glaube, da sind wir jetzt viel, viel weiter."

Die Professionalisierung zeigt sich konkret: Viel mehr Autohäuser melden auffällige Transaktionen, nicht mehr nur Bargeld. „Das Bewusstsein ist einfach viel höher. Das Thema kommt in der Gesellschaft an, das kommt bei den Verpflichteten weiter an."

Florian Peters verweist auf Operation Chargeback der BaFin: „Es gibt auch Erfolge zu vermelden, die unter anderem auf diese rigide Regulierung zurückzuführen sind. Die FIU hat im Rahmen der Ermittlungen verschiedene Auswertungen an die BaFin weitergeleitet, die daraufhin einen Millionenbetrug stoppen konnte."

Für KVGen sieht er Vorteile durch den europäischen Standard: „Es wird etwas einfacher, zumindest aus Geldwäscheprävention-Sicht." Seine pragmatische Sicht: „Wenn man den Datenbestand bei einer KVG mit 100 Investoren im Griff hat, dann ist das schon viel." Thomas Manzey ergänzt: Die Qualität des Unternehmens und der Prozesse wird einfach besser.

Der BVGB als Interessenvertretung

Maren Adam stellte den Bundesverband der Geldwäschebeauftragten vor: „Vorrangig sind wir eine Interessenvertretung für Geldwäschebeauftragte und andere mit der AML-Compliance beschäftigte Personen." Die Mitgliedschaft steht allen offen, die in der Compliance mitwirken.

Aktivitäten: Der BVGB veranstaltet alle zwei Monate Meet & Talks mit Fachvorträgen oder Diskussionen zu Mitgliederfragen. Bei unterschiedlichen Rechtsauffassungen von Wirtschaftsprüfern trägt der Verband diese – ohne namentliche Nennung – der BaFin vor.

Der BVGB hat eine politische Stimme bei Gesetzesvorhaben und zirkuliert Regelwerksentwürfe an Mitglieder zur Stellungnahme. „Wir hatten das Gefühl, dass das auf jeden Fall zur Kenntnis genommen wurde. Gerade bezogen auf die Güterhändler haben wir uns das so gefühlt", so Maren Adam.

Einmal jährlich findet im März oder April ein Frühlingsfest mit Fachvorträgen, Networking und Behördenvertretern statt – offen auch für Nicht-Mitglieder.

Fazit: Herausforderungen sind zu meistern

Die vier Expert:innen schlossen mit klaren Botschaften:

Maren Adam: „Allen, die in der AML-Prävention tätig sind, denen wird nicht langweilig in den nächsten Jahren. Unsere Jobs sind auf jeden Fall sicher."

Frank Lässig: „Die Mühlen der Regierung und der Legislative mahlen langsam, aber sie mahlen. Ich bin gespannt, was da nächstes Jahr an Überraschungen auf uns zukommt."

Thomas Manzey: „Es bleibt spannend für die Zukunft. Aber ich denke, das kriegen wir. Es wird nicht so heiß gegessen, wie es gekocht wird."

Florian Peters: „Compliance ist teuer. Aber versuchen Sie mal nicht compliant zu sein. Dann geben Sie noch mehr Geld aus."

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“Die Aufsicht wird nicht lockerer werden, im Gegenteil”