Schleswig-Holstein: Bußgelder in der Geldwäscheaufsicht steigen um 115 Prozent
Veröffentlicht: 2025-12-16
Der 3. Tätigkeitsbericht der Geldwäscheaufsicht beim Finanzministerium Schleswig-Holstein zeigt einen deutlichen Trend: Die Aufsichtsbehörden intensivieren ihre Prüfungsaktivitäten und sanktionieren konsequenter. Was bedeutet das für Verpflichtete im Güterhandel und Immobiliensektor?
Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: 2024 wurden in Schleswig-Holstein 68 Bußgeldverfahren abgeschlossen – 44,7 Prozent mehr als im Vorjahr. Das Gesamtvolumen der verhängten Bußgelder stieg von 107.427 Euro (2023) auf 231.505 Euro (2024) – ein Plus von 115,5 Prozent. Parallel dazu erhöhte sich die Anzahl der Vor-Ort-Kontrollen von 50 auf 71 Prüfungen.
Diese Entwicklung ist kein Zufall. Sie ist Ausdruck einer verschärften Aufsichtspraxis, die sich in den kommenden Jahren weiter intensivieren dürfte. Die nächste FATF-Prüfung Deutschlands steht 2028 an – und die Bundesrepublik steht unter Beobachtung.
Die häufigsten Verstöße: Wo die Aufsicht genau hinschaut
Der Tätigkeitsbericht offenbart ein klares Muster bei den festgestellten Verstößen. Im Zusammenhang mit den veröffentlichten unanfechtbaren Bußgeldtatbeständen seit 2021 ergibt sich für Güterhändler und Makler ein Bild, das aufhorchen lässt. Insgesamt wurden seit 2021 258 unanfechtbare Bußgeldtatbestände veröffentlicht – davon einige, die gleich mehrere Verstöße eines Verpflichteten auf einmal ahnden.
§ 10 GwG – allg. Sorgfaltspflichten (168 Verstöße)
Verstöße gegen die allgemeinen Sorgfaltspflichten stechen bei einer Analyse aller verhängten Bußgelder in Schleswig-Holstein seit 2021 besonders hervor. Sie sind von Güterhändlern dann zu erfüllen, wenn Sie Transaktionen im Wert von mindestens 10.000 Euro über Kunstgegenstände, hochwertige Güter nach §1 Abs. 10 Nr. 2 Nr. 1 GwG bei Barzahlungen über 2.000 Euro oder bei sonstigen Gütern über 10.000 Euro direkt oder über Dritte entgegennehmen (§10 Abs. 6a GwG).
Makler müssen allgemeine Sorgfaltspflichten bei der Vermittlung von Kaufverträgen oder der Vermittlung von Miet- oder Pachtverträgen bei Transaktionen mit einer monatlichen Nettokaltmiete oder Nettokaltpacht in Höhe von mindestens 10.000 Euro (§10 Abs. 6 GwG) einhalten.
Hiermit scheinen viele jedoch Probleme zu haben.
§ 8 GwG – Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten (50 Verstöße)
Mangelhafte Dokumentation bleibt auch wegen der Nicht-Einhaltung der allgemeinen Sorgfaltspflichten ein Dauerproblem. Dieser Verstoß tritt fast immer in Kombination mit anderen Pflichtverletzungen auf. Wer nicht dokumentiert, kann auch nicht nachweisen, dass er seiner Sorgfaltspflicht nachgekommen ist.
§ 5 GwG – Risikoanalyse (33 Verstöße)
Dieser Verstoß ist besonders gravierend, da die Anfertigung einer Risikoanalyse als ein Grundpfeiler der unternehmensweiten Geldwäsche-Compliance gesehen werden muss. Laut Geldwäschegesetz haben „Verpflichtete[…] (…) diejenigen Risiken der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung zu ermitteln und zu bewerten, die für Geschäfte bestehen, die von ihnen betrieben werden (…).
Die Verpflichteten haben (…) die Risikoanalyse zu dokumentieren, (…)regelmäßig zu überprüfen und gegebenenfalls zu aktualisieren und (…) der Aufsichtsbehörde auf Verlangen die jeweils aktuelle Fassung (…) zur Verfügung zu stellen." § 5 Abs. 1, 2 GwG
Zwei Branchen im Fokus: Güterhändler und Immobilienmakler
Der Bericht zeigt eine klare Verteilung der Verfahren:
Güterhändler (63 Prozent aller Verfahren seit 2021)
Mit 162 von 258 veröffentlichten unanfechtbaren Bußgeldbescheiden tragen Güterhändler die Hauptlast der Sanktionen. Immobilienmakler betreffen „lediglich“ 37 % der veröffentlichten Bußgelder.
Die versteckte Komplexität: Ein Bußgeld, mehrere Verstöße
Ein wichtiger Aspekt, der oft übersehen wird: Ein Bußgeldbescheid umfasst meist mehrere Verstöße. Wenn ein Element der Geldwäscheprävention fehlt, fehlen meist mehrere. Im Zeitraum seit 2021 war dies bei über 36 % der Bußgelder der Fall. Bei 11 % sind es sogar 3 festgestellte Verstöße oder mehr.
Typische Kombinationen sind:
Sorgfaltspflicht nicht erfüllt + keine Dokumentation + fehlende Aktualisierung von Kundendaten
Kein Risikomanagement + keine Dokumentation + fehlende interne Sicherungsmaßnahmen
Wirtschaftlich Berechtigter nicht identifiziert + nicht dokumentiert + keine Sorgfaltspflicht angewendet
Diese Kumulation von Verstößen zeigt: Es geht nicht um einzelne Versäumnisse, sondern oft um systematische Lücken im Compliance-System.
Bundesweiter Vergleich: Schleswig-Holstein liegt im Mittelfeld
Interessant ist der Blick auf die bundesweite Entwicklung. Bei Vor-Ort-Kontrollen liegt Schleswig-Holstein 2024 bei Güterhändlern exakt im Bundesdurchschnitt (44 Kontrollen), bei Immobilienmaklern sogar überdurchschnittlich (27 Kontrollen gegenüber einem Bundesdurchschnitt von 19).
Die Prüfintensität variiert jedoch stark zwischen den Bundesländern. Während in Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen aufgrund der hohen Anzahl verpflichteter Unternehmen deutlich mehr Kontrollen stattfinden, sind kleinere Bundesländer wie Bremen oder das Saarland in absoluten Zahlen weniger aktiv.
Ausblick: Was kommt auf Verpflichtete zu?
Der Tätigkeitsbericht gibt auch einen Ausblick auf kommende Entwicklungen:
EU-AML-Paket
Mit dem neuen EU-AML-Paket werden die Anforderungen ab 2027 nochmals deutlich verschärft. Besonders relevant:
Einheitliche Barzahlungsobergrenze von 10.000 Euro EU-weit im Geschäftsverkehr
Neue Schwellenwerte für Güterhändler: Kraftfahrzeuge ab 250.000 Euro, Wasserfahrzeuge ab 7,5 Millionen Euro
Direktaufsicht durch die neue EU-Behörde AMLA für grenzüberschreitend tätige Institute
Kritisch sieht Schleswig-Holstein die hohen Schwellenwerte: Der durchschnittliche Neuwagenpreis in Deutschland liegt bei 44.630 Euro – weit unter der 250.000-Euro-Grenze. Viele Händler, bei denen aktuell Verstöße festgestellt werden, würden durch diese Regelung aus der Verpflichtung fallen.
Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetz (FKBG)
Das im letzten Gesetzgebungsverfahren gescheiterte FKBG soll laut Koalitionsvertrag zumindest mit ähnlichen Inhalten neu aufgelegt werden. Das Finanzministerium S-H würde hier die geplante Schaffung eines Bundesamts zur Bekämpfung der Finanzkriminalität (BBF) mit einer Zentralstelle für die Koordination der Länderaufsichten weiterhin befürworten.
Task Force Geldwäsche
In Schleswig-Holstein wurde Ende 2024 eine Task Force eingerichtet, die Prävention und Repression verzahnt. Die Geldwäscheaufsicht arbeitet hier eng mit Polizei, Steuerfahndung und Staatsanwaltschaft zusammen – ein Modell, das bundesweit Schule machen könnte.
Handlungsempfehlungen für Verpflichtete
Basierend auf den Erkenntnissen des Tätigkerichts ergeben sich konkrete Empfehlungen:
Für Güterhändler:
Etablieren Sie klare Prozesse für Bargeschäfte ab 10.000 Euro mit Checklisten für Sorgfaltspflichten
Schulen Sie Ihr relevantes Personal (Verkauf, Service, Buchhaltung) regelmäßig zu den Anforderungen
Implementieren Sie ein digitales Dokumentationssystem – Excel-Listen reichen nicht mehr aus
Reagieren Sie umgehend und vollständig auf Auskunftsersuchen der Aufsicht
Für Immobilienmakler:
Erstellen Sie eine risikobasierte Analyse für Ihr Geschäftsmodell
Besondere Sorgfalt bei der Identifizierung wirtschaftlich Berechtigter – gerade bei komplexen Unternehmensstrukturen
Dokumentieren Sie jeden Schritt Ihrer Sorgfaltspflichten lückenlos
Für alle Verpflichteten:
Prüfen Sie, ob Sie einen Geldwäschebeauftragten bestellen müssen
Die Geschäftsleitung muss ihre Aufsichtspflicht aktiv wahrnehmen – Unwissenheit schützt nicht vor Strafe (Haftung)
Nutzen Sie digitale Tools zur Automatisierung wiederkehrender Compliance-Aufgaben
Registrieren Sie sich im Meldeportal goAML – eine Nichtabgabe von Meldungen ist Bußgeldbewährt
Fazit: Compliance wird zum Wettbewerbsfaktor
Die Zahlen aus Schleswig-Holstein sind mehr als regionale Statistik. Sie zeigen einen bundesweiten Trend: Geldwäscheprävention wird professioneller, die Aufsicht konsequenter, die Sanktionen härter.
Für Unternehmen bedeutet das: Compliance ist keine lästige Pflicht mehr, die man nebenbei erledigen kann. Sie wird zum Wettbewerbsfaktor. Wer heute in funktionierende Systeme und Expertisen investiert, spart morgen Bußgelder, Reputationsschäden und den Stress einer Behördenprüfung.
Die gute Nachricht: Es gibt praxistaugliche Lösungen. Mit der richtigen Unterstützung – sei es durch externe Geldwäschebeauftragte, digitale Tools oder strukturierte Schulungen – lassen sich die Anforderungen effizient erfüllen.
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